Gedanken zur Zeit

INFEKTIONSPFLICHT - endlich Land in Sicht
14.01.2022
Umgang färbt ab, so wusste der Volksmund früher und brachte damit zum Ausdruck, dass man sich seinem Umfeld anpasst und vice versa von ihm Verhalten oder Ansichten übernimmt. Das gilt auch im Berufsleben. Wenn jemand über Jahre und Jahrzehnte unbeachtet, nicht gefeiert in seinem Labor vor sich hin forscht, ohne darüber Bestseller publizieren zu können oder irgendeine Chance, dass ein Untersuchungsergebnis von der Fintech-, IT- oder Pharmaindustrie begierig aufgegriffen und zu Milliarden-Umsätzen vermarktet wird, dann kann sich natürlich eine gewisse Betrübnis einstellen. Gehen doch die Labormitarbeiter, vom Leiter bis zum Reinigungspersonal täglich das Risiko ein, sich an den untersuchten Gegenständen zu infizieren und zu erkranken.
Und nun endlich: Morgenluft und Silberstreifen am Horizont. Die Virologen übernehmen die Deutungshoheit über den Fortbestand der Gesellschaft und da muss natürlich der einzelne Virologe fix sein, wenn er denn auch ein Stück des limitierten Kuchens Aufmerksamkeit und Erfolg haben will.
Dass Viren auf Menschen übergehen, weiß spätestens seit zwei Jahren wirklich jeder - nun gut, fast jeder, geschieht aber in der Regel unsichtbar. Dass man damit Geld verdienen kann, ist das ökonomische Wunder, auf dass die Finanzwelt schon so lange gehofft hat. Und endlich fügt sich alles zu einer ständig trüber werdenden Brühe zusammen.
Heute früh hatte ich einen Moment der Sorge, ob mein Gehirn durch die Impfung möglicherweise doch einen Schaden erlitten habe, der dazu führe Dinge zu hören, die nicht gesagt sind. Auch hierfür gibt es (zumindest für den gebildeten Menschen) die Möglichkeiten des Schnelltests: man schaue bei der Quelle nach und findet das Gehörte - oder eben nicht. In meinem Fall hatte ich Glück. Das Unsägliche wurde tatsächlich gesagt:
Ein Virologe namens Klaus Stöhr setzte in die Welt:
"dass der beste Weg aus der Pandemie der sei, wenn alle Geimpften sich im Anschluss infizierten. Dies würde im Paket einen langhaltenden Impfschutz geben."*
Als politische Analystin & Consultant analysiere ich das umgehend politisch und überlege einen guten Rat, wie das umgesetzt werden könnte:
1. Demnächst wird jeder, der MIT Maske irgendwo auftaucht mit Bußgeld belegt, weil er sich der Chance verweigert, sich mit dem SARS-Virus zu infizieren!
2. Eine Impfpflicht macht natürlich nur Sinn "im Paket", um Stöhr zu zitieren, mit einer INFEKTIONSPFLICHT!
3. Das kann schnell und sicher umgesetzt werden, in dem alle einen Gutschein zu einer Super-Spreader-Veranstaltung bekommen, mit denen sie dann in Stadien, Zügen, Linienbussen oder Shopping-Malls zusammengefercht werden.
4. Sanktionsmaßnahmen: Jeder, der seinen Gutschein zur Zwangsinfektion nicht einlöst, verliert ausnahmslos und mit sofortiger Wirkung seine Bürgerrechte. Da wir in Deutschland nun den besonderen Luxus haben, mit Elon Musk einen erfahrenen Weltraumpinoneer an unserer Seite zu wissen, werden künftig alle, die wissentliche und somit willentlich ihre Bürgerrecht abgegeben haben, mit den nächsten Space-X-Missionen zum Mars oder sonst wohin ins Orbit expediert. Das heißt in jedem Fall win-win: neben der endgültigen Beendigung der COVID-Pandemie wird auch der Überbevölkerung zumindest hier auf Erden Einhalt geboten.
Das Dilemma namentlich demokratischer Regierungen ist, das sie den Bürgern das Gefühl geben müssen, dass diese frei über ihr Schicksal entscheiden können. Deshalb muss sich jeder aussuchen dürfen, wo er sich die erlösende Infektion holt, ob im Fussballstadion oder bei einer Party. Ich nehme dann das Recht wahr, mich in einem Museum oder der Bibliothek zu infizieren. Dass sich dort jemals jemand infiziert hat, ist zwar nicht überliefert, ohne 2G kommt man dort allerdings derzeit nicht hinein. Da die Politik bekanntermaßen immer und ausschließlich zum Wohle der Bürger handelt, darf ich allerdings getrost davon ausgehen, dass ein Museum ein genügend gefährlicher Ort. Sollte diesbezüglich Uneinigkeit herrschen, würde ich auch noch der Variante Zwangsinfektion mittels lautstarkem Gesang sämtlicher Strophen während einer Messe in der Kirche zuneigen. Das hilft bestimmt ...
Liebe Leute, die ihre darüber von berufswegen irgendwie damit zu tun habt: fraglos habt ihr einen schwierigen Job. Aber entweder habt ihr alle längst einen Virus im Kopf, das euer Gehirn auffrisst, was durchaus auch eine Spätfolge der BSE der 1990er Jahre sein könnte, oder aber hier habt ganz banal nicht mehr alle Latten am Zaun.


Hier noch der Start-up-Tip des Tages:
Bitte zügig unsichtbarer Masken entwickeln. Ich würde davon auch schon mal vorab 1000 Stück ordern. Und vielleicht entwickelt ihr doch noch die gute alte Tarnkappe, wer weiß, welche Sau als nächstes durchs Dorf getrieben wird...
Bis dahin gebe ich den Tipp, nicht länger Klopapier zu horten, sondern Masken! Der einfachste und steuerlich günstigste Weg wäre, die Masken konsequent aus dem Verkehr zu ziehen. Sollte die Masken-Lobby indes zu stark sein, so dass Masken nicht aus dem Handel genommen werden können, müssen diese umgehend mit einem deutlich sichtbaren Warnhinweis versehen werden, dass das Tragen von Masken möglicherweise das Risiko einer Infektion verhindern oder vermindern kann.
Schönen Tag und bleiben Sie heiter!


P.S. Lieber Herr Stöhr, trotz meiner Ausführungen bin ich tatsächlich sogar von der Richtigkeit Ihrer Überlegung überzeugt. Wenn der Organismus nach drei Impfungen in einem kontrollierten Infektionsprozess die eingeimpften Informationen anwenden und damit stabilisieren kann, ist das mit Sicherheit richtig. Es scheint mir indes, dass gegenwärtig, wo sämtliche Versprechen, Zwangsmaßnahmen, Rück- und Vorsichten für zu viele Menschen keinen Erfolg zeigen, wo kein tatsächliches Ende der COVID-Pandemie absehbar ist, der Verdruss und Widerstand in der Bevölkerung groß und größer wird. Wenn dann aus berufenem Munde der Vorschlag kommt, sich als Krönung auch noch zu infizieren, da kann damit ein System eben auch kippen. Vielleicht schauen Sie und auch die Politiker sich einmal bei der NATO um: Dort gibt es seit 2007 eine Cyber-Defense-Strategy, die in jährlichen Planspielen durchlaufen wird. Ein Chapter ist die Informationsstrategie gegenüber der Bevölkerung im Falle eines Cyberangriffs. Möglicherweise können hier alle noch etwas lernen.
* https://www.deutschlandfunk.de/virologe-stoehr-haelt-kontaktnachverfolgung-fuer-nicht-mehr-sinnvoll-100.html


Wir sagen Euch an, den lieben Advent!
27.11.2021
Auch heute möchte ich meine Freude mit Ihnen teilen darüber, dass ich mir dereinst als erste Fremdsprache das Lateinische aneignen durfte. Es soll ja tatsächlich Leute geben, die behaupten, Latein sei tot – ja sogar, dass Gott tot sei, aber dazu später. Zugegeben: bei der Nutzung der Social Medias käme ich mit Latein wahrlich nicht weit. Aber beim tieferen Durchdringen von nicht auf den ersten Blick ersichtlichen Zusammenhängen kann es durchaus nützlich sein, Worte ihrer Herkunft nach ableiten zu können. So will ich nun am Vorabend des Ersten Advents versuchen, davon Gebrauch zu machen.


In meiner Kindheit, in meiner Jugend und auch noch in meinen jungen Erwachsenenjahren bedeutete für einen nicht unerheblichen Teil der westlichen Welt Advent die Vorbereitung auf die Feier der Geburt Jesu Christi. Diese ganz besondere Zeit, in der sich ein Jahr dem Ende und mit jedem geöffneten Kalendertürchen auch sichtbar seinem Höhepunkt zuneigte, in der Ruhe und Friede in die Häuser einkehrte, mit köstlichen Gerüchen und Genüssen, kleinen und großen Überraschungs-vorfreuden, diese Zeit des Weihnachtswunders – sie ist wohl vorbei.


Statt ihrer werden die ersten Lebkuchen noch mit Sonnenbrand auf dem Rücken und Flipflops an den Füßen sinn- und bedeutungsfrei verputzt, vielleicht weil es schmeckt, aber nicht mehr als Zutat zu einer besonderen Zeit, die definitiv nicht im Spätsommer beginnt. In diesem Herbst sah ich drei Schüler, jeder aus einem Adventskalender achtlos die Schokolade pulend sich darüber ärgern, dass man für so wenig Schokolade auch noch so viele Türchen öffnen müsse. Natürlich - das verstehe ich! Es ist wahrlich eine Zumutung, dass es noch immer keine Smartphone-App gibt, die auf Antippen hin einen mit Süßigkeiten angefüllten Löffel ausfahren und direkt zum Mund führen kann. Kauen [hääää??????....] und schlucken muss man bedauerlicherweise noch immer selbsttätig. Aber auch das wird bestimmt nicht mehr lange so sein. Mit „Smoothies“ ist der Weg dorthin bereits geebnet. Warum sollte man einen echten Apfel kauen, wenn man ihn in flüssiger Form chemisch aufgepeppt aus hübscher Plastikflasche schlürfen kann? Zwar fehlte ohne echte Früchte das Aroma von Apfel, Nuss und Mandelkern in den Nikolaus- und Weihnachtstüten, aber auch hier hilft die chemische Küche. Ferner kann man das „Flüssigobst“ in Plastikflaschen viel praktischer zum Beispiel zu Fridays-for-Future-Demos mitnehmen, wenn sie denn in einer irgendwann postpandemischen Ära reaktiviert werden sollten, sofern die durch Corona-Schutzverordnungs-Maßnahmen vielleicht etwas lethargischer gewordene Menschheit die Proteste nicht vom Sofa aus ins Internet verlegt. Auch die bisherigen Fridays-for-Future-Demonstranten hatten einen Advent vor Augen, wenngleich sie es so nicht bezeichnet hätten, aber in gewisser Weise ging es auch ihnen um eine Ankunft, die Ankunft von besserem Umweltschutz.


Für alle Nicht-Lateiner: Advent leitet sich von dem lateinischen Wort adventus – Ankunft ab. In der Adventszeit bereitete man sich vier Wochen auf die Feier der Ankunft Jesu Christi vor (Weihnachten). Das hatte in Vorzeiten nicht nur religiöse, sondern ganz profan durchaus praktische Gründe, waren doch Vorräte begrenzt und mussten weit bis ins nächste Jahr reichen. Da war vor den Feiertagen ein Fasten, was die Adventszeit früher meinte und nicht die ungebremste heutige Völlerei, nicht nur geboten, sondern oft genug notwendig. Und überzieht man Not mit einem spirituellen Mantel, wird sie gar sinnstiftend und die Entbehrungen bereicherten die Gläubigen. Da aber Fasten bekanntlich das Gegenteil von Konsum ist, man ergo damit kein Geld verdienen kann, wurden irgendwann die Hungertücher abgehängt. Zur Schaffung glücklicher Familien kreierten Marketing-Experten wohlgenährte, rot-gewandete Männer (oh oh...) und überzeugten uns, dass Berge von Süßigkeiten und Geschenken alle Familien zu Brutstätten himmlischer Glückseeligkeit werden lassen.


Heute meint Ankunft nur noch die Ankunft des Paketzustellers all des unfassbaren Konsums (der Umsatz des Weihnachtsgeschäftes allein in Deutschland ist höher als das BIP ganzer Volkswirtschaften im globalen Süden), auf den man in gar keinem Falle 24 Tage warten kann, erst recht keine vier Wochen. Und das Verspeisen der Schokolade des (gesamten) Adventskalenders dauert wahrscheinlich keine 2,4 Minuten mehr … hier zeigt sich der Untergang des Abendlandes – zumindest der abendländischen Kultur. Ob Jesus seine Aufforderung „werdet wie die Kinder“ heute so noch tätigen würde? Das darf, nein, das muss bezweifelt werden.


Des Weiteren müssen wir ernsthaft darüber nachdenken, ob die Feier der Geburt eines nahöstlichen Knaben vor 2021 Jahren durch okzidentale, vulgo weiße Europäer in den Bereich der „kulturellen Aneignung“ eingeordnet und insofern überhaupt unterlassen werden muss! Ich versuche das jetzt mal politisch absolut korrekt und völlig neutral auszudrücken: wer auf 31°42′17″ N und 35°12′13″ O geboren wurde, gehörte in jedem Fall global gesehen einer Minderheit an – und da muss man heute vorsichtig sein mit den Zuordnungen und eben den "kulturellen Aneignungen". Schließlich möchte niemand das Schicksal der britischen Popsängerin Adele erfahren, die, so berichtet das letzte Zeit-Magazin[1], 2020 ein Photo von sich postete in einem Bikini-Oberteil in den Farben der jamaikanischen Flagge plus afrikanischer Haartracht. Dafür wurde sie wegen „kultureller Aneignung“ lautstark kritisiert und entschuldigte sich sogar. [Warum man für Bikini-Oberteile in Jamaika-Farbe gebasht wird, nicht jedoch für gleichnamige politische Koalitionen, liegt möglicherweise an der Haarpracht?].


Eine Einstufung der Feier des Weihnachtsfestes als „kulturelle Aneignung“ hätte darüber hinaus den Vorteil, dass sich das positiv auf die etatistischen Haushaltslöcher auswirken könnte. Wer noch Weihnachten im (bisherigen) christlichen Verständnis feiert, wird mir Bußgeld belegt, mindestens in der Höhe eines Monatseinkommens. Freilich kann, nein muss, man eine Geschenke-Austausch-Party vom 24. – 26.12. eines jeden Jahres veranstalten, schließlich müssen wir an die Arbeitsplätze denken. Die Änderung der Begründung für Feiern an diesen Tagen wären auch nichts Neues. Bevor vom 24. – 26.12. das christliche Weihnachten gefeiert wurde, dienten diese Tage den alten Römern zur Feier der Geburt des Sonnengottes Sol, die Germanen feierten Jul und es war die Zeit der Wintersonnenwende, die von den Christen als heidnisch diskreditiert wurde. Nun ja…
Heute sind nur noch wenige des Lateinischen mächtig. Die christliche Bedeutung des Advents ist perdu, die besinnliche Weihnachtszeit im tosenden Grundrauschen von immer höherem, immer schnellerem Umsatz verstummt und Nietzsche hatte es bereits vorausgesehen, dass Gott tot ist, dass wir ihn getötet haben. Die Lektüre dieses kleinen Kapitels 125 in seinen Fröhlichen Wissenschaften[2] könnte erhellend wirken in dunklen Zeiten. Beinahe kann man Nietzsches posthume Erschütterung ahnen, wenn der von ihm postulierte leere Raum dank Elon Musk gar nicht mehr so leer ist oder Yuval Harari mit seinem Werk „Homo Deus“ Nietzsches Frage, ob wir nicht selber zu Göttern werden müssen, vielleicht nicht bewußt als Weiterführung Nietzsches Überlegungen, erörtert. Harari bringt es auf den Punkt, dass wir schon längst jenseits der Notwendigkeit eines Gottes sind, vielmehr selbst Gott wurden (Homo Deus) [auch lateinisch], zumindest braucht es keinen mystischen Schöpfergott mehr. Das kann der Algorithmus vorgeblich besser.
So bleibt am Ende das Wort „Ankunft“ neben den Paketboten und der Bahn nur den Flüchtlingen vorbehalten, von denen viele aus jener Region kommen, in der auch der einst verheißene Salvator Mundi als Flüchtling unterwegs war. So wiederholt sich die Geschichte und vielleicht brauchen wir doch immer wieder besinnliche Zeiten mit magischen, idyllischen Heile-Welt-Gefühlen, wenn wir, ob all des Irrsinns nicht verrückt werden wollen. Stille Nächte sind wichtig, damit wir bei uns selber ankommen können und somit auch bei unseren Mitmenschen.


Haben Sie einen gesegneten, besinnlichen Ersten Advent, bleiben Sie heiter und gesund. Backen Sie viele Plätzchen, essen und verschenken Sie sie, dann können wir auch weiterhin unverdrossen „Oh du fröhliche…“ singen.


PS:
Ein Nachtrag für jene, die noch keinen Lehrgang in Zwischen-den-Zeilen-lesen mit Prädikat abgeschlossen haben: Der hier ausformulierte Gedanke eines Bußgeldes für klassisch christliche Weihnachtsfeiern sind kein ernstgemeinter an die Ampel-Koalition adressierter Vorschlag. Aber ein wenig nach vorne denken schadet ja nicht, so lange man noch denken darf … Wer hätte vor fünf Jahren gedacht, dass nach Einführung von Bußgeldern für das Tragen von Burkas, Schleiern und ähnlichen Verhüllungen an definierten Orten nun Bußgelder gezahlt werden müssen, wenn man sich nicht (Mund-Nase) bedeckt?
Ich will’s ja nur mal gesagt haben. Fröhlichen Advent a tutti


[1] Zeit Magazin N° 47, 18.11.2021, S. 23
[2] Nietzsche, Friedrich, Die fröhliche Wissenschaft, Hg. Colli/Montinari, KSA, München 1988, S. 480 f.
 



Triell – oder: de bello germanico

10. September 2021

Salve!

Ich hatte Glück! Ich lernte an einem humanistisch-altsprachlichen Gymnasium als erste Fremdsprache ab der 5. Klasse Latein bei Alt-Philologen, die auch die Zeitgeschichte des römischen Imperiums aus dem Effeff kannten. Vor jeder neuen Lektion gab es zunächst eine spannende Einführung. Und natürlich lasen wir ab der 9. Klasse Caesars „De bello gallico“ – Über den gallischen Krieg, dessen Lektüre Pflicht für jeden angehenden und Möchte-gern-Politiker sein müsste. Genaus so wie für politische Journalisten. So wie Cäsar sich schnörkellos und absolut präzise ausdrückte, war zu seinen Zeiten auch Krieg noch eine klar umgrenzte Sache mit definierten Waffen.


Heute ist in unseren Breitengraden vor allem das Wort eine mächtige Waffe, die zu oft von jenen geführt wird, die den Umgang damit weder verstehen noch beherrschen. Dazu empfahl Caesar dereinst, „dass man ein abgekommenes, ungewöhnliches Wort wie ein Felsenriff vermeiden müsse.“[1]. Da aber offensichtlich weder die Politiker noch die Interviewer Caesar gelesen und schon gar nicht verstanden haben, wird am kommenden Sonntag in die zweite Schlacht gezogen. Der Spiritus rector des Triell-Formates möchte vielleicht als pfiffig oder gebildet gelten. Indes: es ist eine demokratiegefährdende Schmierenkomödie.


Die Begrifflichkeit „Triell“ ruft mir Bilder spätrömischer Dekadenz in den Sinn, wo Menschen hungrigen Löwen in der Arena zum Fraß vorgeworfen wurden zur Erheiterung der Meute. Und das erste Triell hat diese Bilder mit Leben gefüllt. Das war kein Diskurs, kein Ringen um die besten Lösungen, kein Erörtern, wie welche Herausforderungen angegangen werden können, sondern ein gegenseitiges Bashing und Diskreditieren, auch wenn die Kandidaten beteuerten, eben das nicht tun zu wollen. Und was hat das mit meinem Latein-Unterricht zu tun? Genau: die Übersetzung.
Triell = Duell + Eins. Nehme ich den Stowasser zur Hand, findet sich unter „duellum“ der Verweis auf „bellum“ und bellum bedeutet „Krieg, Schlacht“. Das man im 21. Jahrhundert in einer Demokratie potentiell künftige Kanzler zum Krieg in die mediale Manege treibt, ist nachgerade perfide. Warum?


Am heutigen Tag beträgt die Staatsverschuldung 2.328.000.000.000 EUR (2,3 Billionen!). Dieser unvorstellbare Berg wächst pro Sekunde um 8.740 EUR. Runtergebrochen entspricht das einer Verschuldung von 27.983 EUR je Bürger.[2] Dumm an dieser exorbitanten Staatsverschuldung ist, dass das Geld nicht mehr in ausreichendem Maße in zukunftssichernde Projekte investiert wird, sondern in Kosten für einen vor dem Platzen stehend überblähten Regierungsapparat, als Stopfmittel für Haushaltslöcher, zum zementieren von Altschulden und Kriegsspielplätze oder zur Subventionierung der erstaunlichen Projekte.


Elon Musk schoss vor drei Jahren einen Tesla-Roadster als Marketing-Gag ins Weltall.[3] In diesem gigantomanischen Glanz möchte sich gar mancher gerne sonnen. Also bekommt dieser egomane Spaßvogel nun ein Fleißkärtchen in Form von 1,1 Milliarden Euro staatlicher Förderung für die im wahrsten Sinne auf Sand gebaute Gigafactory zur Produktion von Baterien für Elektromobilität.[4] Somit finanziert der deutsche und europäische Steuerzahler indirekt diesen geschmacklosen Witz führer- und fahrerloser Fahrzeuge, die den Berg des Weltraumschrotts bereichern, pardon, natürlich die Arbeitsplätze in Brandenburg. Dass er davon jemals etwas wiedersieht, darf als ausgeschlossen gelten. Und dass Saudi Arabien einen nicht unerheblichen Anteil an Tesla-Aktien hält, sei nur am Rande erwähnt.[5]


Würde die Regierung diese 1,1 Mrd. Euro in Bildung samt Schul-Klos investieren, erhöhte das die Chance, das Ruder des leckgeschlagenen Schiffes herumreißen zu können. Aber wir sehen ein: Annalena mit mit dem blauen Umweltengel zertifizierten Klopapier auf einem mit Ökofarbe gestrichenem und mit Abwasser gespültem Schul-Klo ist vielleicht nicht so attraktiv, wie Armin mit Elon Arm in Arm. Wenn Politiker aber zumindest von Zeit zu Zeit so täten, als würden sie langfristig denken (können), könnten sie der Frage nachgehen, für welchen Absatzmarkt diese Batterien tatsächlich produziert werden und zu welchen Bedingungen. Es wird sich wohl schon in Kürze zeigen, welche Art von Arbeitsplätzen Teslas Gigafactory tatsächlich offeriert und wie bereitwillig und in welcher Höhe Steuern und Sozialabgaben entrichtet werden.


Wenn es um die Sicherung des Standortes Deutschland/Europa und die Gewährleistung zukunftstauglicher Technologien ginge, warum wurde nicht von deutschen Autobauern in Kooperation mit Bosch und Siemens ein Hub gegründet, der, gerne auch mit staatlicher Förderung, die Entwicklung von Batterien im Rahmen eines Gesamt-Energie-Konzeptes vorantreibt? Natürlich haben auch diese Konzerne geschickte Steuervermeidungsmodelle. Dennoch blieben, salopp gesprochen, Geld und Know-how im Lande. Wer bezahlt, bestimmt die Musik. Wenn beispielsweise demnächst Israel Batterien braucht und dafür mehr Geld bietet, als deutsche Hersteller, gehen die Batterien eben nach Israel. Hinweise, dass diese doch mit deutschen Steuergeldern gefördert wurden und Deutschland deshalb vorrangig zu bedienen sei, werden ungehört im Sande versickern. Welche Macht hat Deutschland? Tesla wird immer die (A-)Karte der Arbeitsplätze spielen – natürlich die der Bullshit-Jobs, aber damit nehmen wir es nicht so genau, Hauptsache, die Statistik stimmt.
Wenn wir nicht wollen, dass Bullshit-Jobs, eine verfestigte, stetig steigende Sockelarbeitslosigkeit, marode Renten- und Krankenversicherungssysteme uns um die Ohren fliegen, wenn wir den rasant zunehmenden Verlust an Arbeitsplätzen, plus Klimakatastrophe, Artensterben, Flächenversiegelung, Pandemien und die Frage, woher der Strom für all die wunderbaren E-Mobilität, Datenautobahnen und kryptische Währungen kommt, wenn wir all das bewältigen wollen, ohne in eine große Katastrophe zu stürzen, dann haben wir keine Zeit für Brot und Spiele in der Wahlkampf-Arena. All das sind keine Herausforderungen, sondern ernste Probleme, die nur gemeinsam gelöst werden können! Aber die gewählten Volksvertreter und jene, die sich dazu berufen fühlen, verkaufen die Bürger für so dumm, dass sie ihnen wie eh und je den Bären aufbinden, dass nur die jeweilige Partei die einzig wahre Lösung parat habe.


Die Wahrheit ist indes simple: Wir können das nur gemeinsam lösen, ungeachtet der Parteifarben. Es braucht alle Kompetenzen und jede Gruppierung hat Spektren, die gemeinsam Sinn ergeben. Und auch wenn’s schwerfällt: die Interessen von Liberalen, Grünen, Roten, Schwarzen haben viele Schnittpunkte und sind gleichberechtigt, ob es einem passt, oder nicht. Dass Kanzlerkandidaten sich ernsthaft vor den Karren der Medien spannen lassen und sich duellieren, Entschuldigung, es muss natürlich triellieren heißen, also sich bekämpfen, ob zu zweit oder zu dritt, ist an Perfidie nicht mehr zu überbieten. Die Einladung zu einer offenen Aussprache in dem Begehren, gemeinsame Lösungen zu diskutieren wäre der angemessenere, würdigere und chancenreichere Ansatz für das 21. Jahrhundert. Brot und Spiele haben schon in den römischen Arenen den Untergang des Alten Roms vorweggenommen.


Ob Caesar dereinst am Ende eines kriegerischen Tages versonnen in den Sternenhimmel blickte und Großmachtphantasien sponn, wie es wohl wäre, man könne auch diese astrae incognitae à la Elon Musk erobern, ist nicht überliefert. Als Gedankenspiel dürfte diese Überlegung jedoch anregender und amüsanter sein, als das kommende Triell.


[1] Gellius, Aulus, Die attischen Nächte, in der Übertragung von Fritz Weiss, Leipzig 1875, 1. Buch, 10. Cap., §4
[2] Quelle: https://www.steuerzahler.de/aktion-position/staatsverschuldung/dieschuldenuhrdeutschlands/?L=0 [login 10.09.2021]
[3] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/tesla-elektroauto-im-all-nur-noch-der-rahmen-ist-uebrig-17177364.html
[4] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/e-mobilitaet-bericht-tesla-kann-mit-etwa-1-1-milliarden-euro-foerderung-rechnen/27583544.html?ticket=ST-3154207-z0btSy9kFds6zSy0cr09-ap1
[5] https://www.arabianbusiness.com/transport/402422-saudi-invests-2bn-in-tesla-as-founder-elon-musk-mulls-taking-it-private       




Die Vermeidung der Wieder-Auferstehung von Churchills schwarzem Hund
21. August 2021


Während unsere Bundeswehrsoldaten wieder einmal unsere Freiheit am Hindukusch verteidigen und dieses Mal sogar die Freiheit der für sie zuarbeitenden Afghanen, kamen unserer hiesigen Julia Klöckner, ihres Zeichens Bundeslandwirtschaftsministerin, Bedenken.

Vielleicht wurde sie beim Schauen der Nachrichten in den letzten Tagen derart betrübt, dass sie sich ihr Schoßhündchen schnappte und ein wenig mit ihm kuschelte, um für einen Moment ein wohlig geborgenes Gefühl zu haben. Vielleicht hat sie aber auch in Ermangelung eines solchen über eine Anschaffung nachgedacht und musste diese Idee wieder verwerfen, weil sie als vielbeschäftigte Ministerin nicht genügend Zeit für die Pflege eines Hündchens hat und die Ausgaben für einen Hundesitter steuerlich nicht absetzbar sind.


So in Gedanken versunken malte sie sich vielleicht aus, wie zauberhaft der Umgang für die Züchter mit den neugeborenen Welpen sein müsse. Der Hindukusch-Horror entriss sie aber ihrem Schwelgen und die deutlich wahrgenommene eigene Hilflosigkeit bei diesem Thema motivierte sie, wenn sie schon nicht den Afghanen, dem Weltfrieden insgesamt, den missbrauchten und verwahrlosten Kindern, den Tieren aus der Fleischmassenproduktion helfen, wenn sie auch nicht dafür sorgen kann, dass zumindest Schulklos einwandfrei funktionieren und mit einer ökologisch 1A-Abwasserspülung ausgestattet sind, dann, ja dann muss man halt irgendetwas retten. Und was ist dafür besser geeignet, als kleine wuselig Geschöpfe mit treuem Hundeblick? Den braucht man auch in diesen Zeiten, in denen Treue und Vertrauen sich schon ins Nirvana aufgemacht zu haben scheinen. Und es wurde das gute Herz der Ministerin ganz schwer bei der Vorstellung, irgendjemand könne sich nicht liebevollst um diese kleinen treuherzigen Geschöpfe kümmern. So kam ihr die Erleuchtung: jemand müsse sich nur vier Stunden täglich um die kleinen Kerlchen kümmern, dann wird alles gut - zumindest für jene Welpen,die die Gnade der Geburt am richtigen Ort haben.


Geht’s noch Frau Klöckner? Vielleicht liegt es ja an ihrer Ausbildung zur staatlich examinierten Lehrerin, dass sie denken, dass es tatsächlich etwas verändert, wenn man künftig alle Hundezüchter per Gesetz zu vier Stunden täglichem Umgang mit Welpen zwingt. Vielleicht hätten sie nicht nur Pädagogik, Theologie und Politik studieren, sondern auch  Vorlesungen in Betriebs- und Volkswirtschaft hören sollen! Und wie wollen Sie das umsetzen? Ich hätte da eine Idee: Alle, die eine Lizenz für die Züchtung von Hunden haben oder haben möchten, bekommen zwingend einen entsprechend programmierten Chip implantiert und alle neugeborenen Welpen auch. Dann kann man überprüfen, ob die physische Nähe zu den Kleinen über vier Stunden eingehalten wurde. Mein Smartphone weiß auch, wann ich wo und wie lange war - auch ohne dass ich dem zugestimmt habe oder darüber in Kenntnis gesetzt wurde. (Dagegen müssten Politiker etwas unternehmen, wenn ihnen die freiheitliche Grundordnung wichtig wäre.) Wenn dann um 24.00 Uhr z.B. nur 3,5 mit dem Welpen gemeinsam verbrachte Stunden bei der entsprechende Behörde registriert sind, wird das dann fällige Bußgeld sofort vom Konto der Züchter abgebucht. Da heutzutage viele nicht mehr genügend Geld auf dem Konto haben, müsste man natürlich vorher ein notarielles Anderkonto einrichten. Wenn das geschröpft ist, wird die Lizenz entzogen. Ganz einfach und mit minimalstem Personalaufwand umsetzbar. So werden auch endlich wieder Einnahmen ins Staatssäckel gespült. Künftige Hundebesitzer werden dankbar sein, dass es in Polen, Rumänien oder Portugal genügend Straßenhunde und Züchter gibt…


Sie müssen allerdings Ihren Vorschlag noch konsequent zu Ende denken: der Vier-Stunden-Kümmer-Zwang für Welpen müsste richtigerweise auch auf die weitere Lebenszeit des Tieres ausgedehnt werden. Das Tierwohl könnte auch nach der Welpenzeit gefährdet sein. Und wenn wir schon gerade mal dabei sind, am Samstagvormittag ein wenig zu plaudern: Denken Sie bitte daran, geeigneten Fachkollegen Ihr fertiges Gesetz zum Vier-Stunden-Kümmer-Zwang für Welpen weiterzugeben, damit diese das entsprechend modifiziert auch für die Aufzucht von Kindern umsetzen.


Asterix und Obelix wurden berühmt durch Ihre Aussage: Die spinnen, die Römer! Bevor ich ähnliches über Politiker sage oder, oh horribile dicto, mich Churchills Schwarzer Hund unsanft beißt, entschwinde ich lieber in meine Küche, aus der ein wohliger Duft gerade im Ofen backender Baguettes strömt. Auch für Baguettes gibt es eine Vier-Stunden-Regel: Wenn man den Teig über vier Stunden vier Mal neu zusammenfaltet – nicht schlagen, nicht kneten, KEINE Gewalt am Teig bitte – dann, ja dann gibt es ein köstliches, knuspriges, wohlschmeckendes Baguette, das Ihnen und Ihren Liebsten sämtliche trüben Gedanken vertreibt. Derart beglückt kommt man auch nicht auf dumme Gedanken.


Und - ich traue mich kaum es auszusprechen: es braucht kein Gesetz, Baguette-Teig vier Stunden gehen zulassen, um ein typisch französisches Baguette zu haben!!! Dafür braucht es lediglich kluge Vorväter (ich weiß! Das ist nicht gendergerecht – und schon gar nicht sachlich richtig, es waren die Vormütter, die früher gebacken haben, aber das klingt nicht so schön), also es brauchte kluge Vorväter, Mütter, Großmütter und Tanten, denen man beim Zubereiteten knuspriger Baguettes  über die Schulter schaute und sich dabei miteinander unterhielt. So wurde Wissen spielerisch und konkret weitergegeben - ohne App, ohne Video, ohne Gesetz! C'est tout!


Haben Sie, geneigte Leser, ein geruhsames Wochenende – trotz all dem Wahnsinn in der Welt


P.S.: Frau Klöckner: Welpen schützen zu wollen ist ehrenwert und notwendig. Es zeigt aber im mindesten Fall mangelhaften Takt Ihrerseits, wenn Sie, während Millionen Afghanen oder die Menschen in Haiti in höchster Not sind, sich auf Welpenschutz fokussieren. Oder gehen Sie damit gar auf Stimmenfang, damit die Wahl in fünf Wochen für Ihre Partei kein Desaster wird? Gerade jetzt, wo so viele auf den Hund gekommen sind… Glauben Sie ernsthaft, dass Sie damit punkten können? Hoffentlich haben Sie Ihrer Partei und den Politikern insgesamt keinen Bärendienst erwiesen. Ach: und ergänzen Sie bitte Ihren Vorschlag noch um den Punkt, wer zu verklagen ist und zu zahlen hat, wenn Menschen einen psychischen Schaden erleiden durch den Umgang mit Hunden, die trotz bester Vier-Stunden-Betreuung den Menschen terrorisieren, kläffen, beißen oder mittem auf dem Bürgersteig ihre Verdauungsendprodukte hinterlassen, ohne das der Halter das entfernt.
Encore, un bon week-end à tous.
 


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19. August 2021


Vor 363 Tagen verkündete der gegenwärtige US-Präsident Joe Biden in seiner Nominierungsrede mit einem Zitat der Bürgerrechtlerin Ella Baker „Gib Menschen Licht und sie finden ihren Weg“, dass er, wenn man ihn mit der Präsidentschaft beauftrage, ein Verbündeter des Lichtes und nicht der Dunkelheit sein werde. Zur Bekräftigung dieser Ankündigung erbat er für die militärischen Truppen noch den Schutz des Allmächtigen[1]. Derzeit brauchen die noch in Afghanistan verbliebenen Militärs eine Menge Licht und göttlichen Schutz, um zu retten, was nicht mehr zu retten ist. Der afghanischen Zivilbevölkerung hatten die Amis und andere schon vor Jahrzehnten das Licht ausgelöscht und mittlerweile sieht es für alle ziemlich düster aus. Licht und Erleuchtung scheinen in ungreifbare Ferne entrückt.


Statt das eigene Scheitern auf allen Ebenen einzugestehen, zersetzen westliche Politiker sich in gegenseitigen Schuldzuweisungen und begründen  in den letzten Stunden die ach so völlig unerwartet aufgetretene Machtübernahme der Taliban u.a. damit, dass "das afghanische Volk noch nicht bereit gewesen sei, sein Land selbst zu verteidigen". Das ist an Perfidie nicht mehr zu unterbieten!


Die Taliban haben trotz aller westlicher Bemühungen, Gelder, militärischer Präsenz und Aufbauarbeiten ihre Terrorherrschaft mit brutalsten Methoden, Folter und Mord durchgesetzt. Wie ein Volk, das ohnehin kein homogenes, einiges, sondern von tribalistischen Strukturen zersetztes ist, eine wehrhafte Demokratie im Sinne einer freiheitlichen Grundordnung aufbauen soll, ist mir vollständig schleierhaft.
Wenn ich heute christliche, demokratisch gewählte Volksvertreter lax daher schwadronieren höre, dass die Afghanen doch übergangsweise in die Nachbarländer sollen, um dort auf die friedvolle Entwicklung in Afghanistan zu warten, könnte ich kotzen, schreien oder schlimmeres (bitte verzeihen Sie! Aber das musste einfach mal raus).


Jene, die aufgrund ihrer Muttersprache Dari/Farsi und familiären Beziehungen voller Hoffnung in den letzten Jahren nach Iran geflohen sind, haben nicht nur grauenhafte Fluchtwege durch Taliban-besetzte Gebiete, i.d.R. über Pakistan nach Iran hinter sich, dabei alles verloren,  Gewalt und Versklavung erfahren. Das war indes nichts im Vergleich zu dem, was sie im Iran erwartete. Ein eventuelles Bleiberecht wurde von der iranischen Führung für afghanische Männern daran gekoppelt, dass diese zunächst zu einem militärischen Einsatz nach Syrien mussten, um dort die DAESH/ISIS zu bekämpfen. Ich habe in den letzten Jahren mit einigen Afghanen gesprochen, die durch diese Hölle durch mussten. Das ist unverstellbar und auch hier nicht wiedergebbar.


Der Aufbau einer stabilen Gesellschaft braucht Bildung, Infrastruktur und wirtschaftliche Produktion. Mit einem Anteil von derzeit 85 % der weltweiten Opium-Produktion hat Afghanistan immerhin einen echten Exportschlager. Als die Taliban 1994 die Macht übernahmen, haben sie Scharia-konform die Opium-Produktion zunächst zerschlagen. Seit dem hilfsbereiten, selbstlosen Kreuzzug gegen das Teuflische und den Einmarsch westlicher Mächte ab 2001 hat sich die afghanische Opium-Produktion wieder unangefochten auf Platz eins geschoben. Immerhinque! Man kann also nicht sagen, dass alles an diesen Einsätzen schlecht war…


Auf einem Bein steht sich allerdings auf Dauer bekanntermaßen nicht gut. Die Westmächte haben zu keinerlei Entwicklung irgendwelcher darüber hinausgehender Wirtschaftszweige geführt. Nun denn. Dieser Zug ist abgefahren. Der künftige, deutlich mehr einbringende Wirtschaftszweig wird nach dem Opium das Uran. Dessen Förderung werden die Chinesen freundlich lächelnd übernehmen. Dafür haben sie das Geld, die Macht und den Willen. Keine Macht, und schon gar keine westliche, ist jetzt noch in der Lage, diesen Prozess irgendwie zu beeinflussen.


Die neuen Taktvorgeber sind neben China, Saudi Arabien, Qatar und Russland, das nur allzu gerne die historische, verlustreiche Schlappe der 10 jährigen Besetzung Afghanistans ausmerzen möchte und dem Westen auch endlich die Schmach der zerfallenen Sowjetunion heimzahlen will. Mathematisch ist das einfach: Afghanistan unter Taliban-Herrschaft kann, ob es will oder nicht, sich der finanziellen Unterstützung durch die saudischen Brüder im Glauben nicht entziehen. Das ist (aus westlicher Sicht) das eine Minus-Bündnis. Das zweite ist die kommunistisch-sozialistische Bruderschaft zwischen China und Russland. Im Mathematikunterricht haben wir dereinst gelernt: minus multipliziert mit minus ergibt plus! So einfach ist das.


In der Zwischenzeit zersägt sich der Westen selbst, ist sämtlich in nicht mehr bezifferbaren Billionengrößen überschuldet, bei sich immer deutlicher zeigenden Zusammenbrüchen der Infrastrukturen, ohne wirkliche Ressourcen, mit denen man heute noch Lokomotive sein könnte, um in einem altmodischen Bild zu bleiben, mit dem der Westen stark wurde. Darüber hinaus werden die westlichen Demokratien derzeit in atemberaubender Geschwindigkeit von nationalistischen, autokratischen, totalitären Gruppierungen zersetzt. Überschwemmungen, Waldbrände, Klimawandel sind da nur noch Beschleuniger und Verstärker, aber nicht das Kernproblem.
Die tatsächliche und schwerste Krankheit des Westens – und der Welt – ist, dass das Vertrauen abhandengekommen ist. Ein friedvolles Miteinander, ob in der eigenen Familie oder der gesamten Welt, funktioniert dauerhaft nur, wenn man anderen etwas zutraut und einander vertraut.


Ohne Trauen und Vertrauen bleibt am Ende nur noch Trauer…
Bleiben Sie dennoch unverdrossen heiter. Heiterkeit ist eine wunderbare Kraftquelle, die den Verstand nährt, um sich all dem Wahnsinn in diesen Zeiten entgegenzustellen.
Dabei gutes Gelingen und einen schönen Tag


PS:
Wenn die Taliban aufrichtig gute Absichten hätten, Frieden wollten, Vergebung gewähren und alle an dem neuen Staat beteiligen wollen würden, dann dürften sie all jenen nicht im Wege stehen, die trotz wohltönender Versprechen das Land zumindest vorläufig verlassen möchten, sondern müssten dafür sorgen, dass die Wege zu den Flughäfen und Landesgrenzen frei sind. So könnten sie auch gleich erste Schritte im Erlernen von Verwaltung machen.
Stattdessen dröhnt jetzt das Siegesgebrüll durch die Straßen, die Taliban hätten die verhassten Amerikaner bezwungen.
Und unsere Volksvertreter speien weiterhin ihre Logorrhoe über's Volk ...
Einfach nur mal so ins Blaue gesprochen...
[1] https://www.nytimes.com/article/biden-speech-transcript.html






Nomen est Omen – oder der Schlächter und der Wolf
18.08.2021


Aus dem nichts aber erwartungsgemäß, tauchte gestern ein Regierungssprecher der Taliban zu seiner ersten Pressekonferenz auf. Sein Name: Zabihullah Mujahid.


Es ist mir fast nicht möglich, in diesem Kontext das Wort Regierungssprecher zu nutzen, da ich mit den Begriffen Regierung und Sprecher etwas anderes verbinde, als dass, was die Taliban darstellen und wohl auch meinen. Wenn ich im Folgenden das Wort Regierungssprecher nutze, ist das lediglich als x, als Platzhalter zu verstehen, zumindest bis auf weiteres. Vielleicht hat der nun aufgetauchte Regierungssprecher Zabihullah Mujahid tatsächlich durch und durch gute Absichten. Vielleicht wünscht er tatsächlich ein freies, gleichberechtigtes, mit Rechten ausgestattetes Volk, dass in Frieden und Wohlstand leben kann. But: who knows???


Da die Taliban als Kämpfer im Namen Gottes auftreten und auch der Regierungssprecher schon in seiner ersten öffentlichen Pressekonferenz klar gemacht hat, dass all diese Rechte Scharia-konform sein müssen, passe ich mich mit meiner Wortwahl an und sage: Allein, mir fehlt der Glaube! Schon als Kind habe ich aus Märchen gelernt, dass der Wolf Kreide frisst, um mit sanfter Stimme die Großmutter zu bezirzen, die er hinterher fressen will. Nicht, dass ich das hier unterstellen möchte, aber solange wir hier noch nachdenken dürfen, mache ich davon auch Gebrauch.


Seit nunmehr fünf Jahren studiere ich gründlich die Arabische Sprache. Das bedeutet zwar noch nicht, dass ich sie auch beherrsche, aber die Grammatik ist mir sehr wohl vertraut und es ist mir möglich, mit etwas Aufwand, Worte und Texte zu übersetzen. Als ich den vorgeblichen Nachnamen des Regierungssprechers hörte, war ich heute früh schlagartig wach. Mujahid hat dieselbe Wurzel wie Mujahidin. Und die Mujahidin sind die Vorläufer der Taliban (siehe meinen Essay vom 16.08.2021).


Auch wenn die Taliban in der Regel Paschtu sprechen, ist doch die Sprache ihres Glaubens Arabisch. Da sie sich als Glaubenskrieger gerieren, übersetze ich aus der Sprache ihres Glaubens den Namen des Regierungssprechers und möge Gott (oder sonst wer) die Welt davor schützen, das in diesem Fall nomen omen ist!!!


Im Arabischen bedeutet Mujahid مُجَاهِد Kämpfer, kämpferisch. Der Vorname Zabihullah ذبیح الله ist ein Kompositum aus ذبیح  und الله und könnte als Kompositum Opfer Gottes bedeuten. Aber:  الله Allah bedeutet Gott. ذبیح  Zabih/Dhabih bedeutet geschlachtet. Im Oxford Arabic Dictionary finden sich ferner die Bedeutungen murdered, massacred.


Vielleicht ist es Zufall. Es gibt auch in der deutschen Sprache Personen mit Namen, die keine Bedeutung haben, zumindest nicht mehr ihre ursprüngliche. Wenn also heute jemand Müller heißt, bedeutet das nicht, dass er auch ein Müller ist! So kann es natürlich auch bei Zabihullah Mujahid sein – und man mag hinterher schieben: hoffentlich!


Es könnte aber auch ein gezielt konstruierter Name MIT einer Bedeutung sein, um dem Rest der Welt die eigene Blindheit und Borniertheit vorzuführen und vor allem, um auf Kommendes zu verweisen. In diesem Fall wäre die wohlgemerkt rein wörtliche Übersetzung des Namens Zabihullah Mujahid: das kämpferische Opfer Gottes oder der geschlachtete Gottes Kämpfer. Es gäbe mehr Möglichkeiten, aber wir sind ja hier nicht in der Abteilung für Haarspalterei.


Da mir meine Übersetzungen ein Gefühl des Grauens bereiteten, rief ich sicherheitshalber bereits um 6.30 Uhr einen arabischen Freund an, der mir leider keine Fehler meiner Übersetzung aufzeigen konnte … Im Gegenteil bestätigte er meine schlimmsten Befürchtungen. Wenn man die Worte dieses Namens übersetzt, gibt es dafür KEINE positiv konnotierte Übersetzung. Das Wort Zabih findet sich nicht im normalen Sprachgebrauch, sondern ausschließlich in islamistisch, fundamentalistisch, rückwärtsgewandter Ausrichtung, zum Beispiel bei den Muslim Brothers.


Ich will das nur mal in den Raum gerufen haben, damit nicht hinterher alle wieder ganz überrascht sind, wenn der Wolf dann doch die Großmutter frisst.
Schönen Tag




Max Liebermann und der Paradiesgarten Gottes -
Zum Hintergrund der Katastrophe in Afghanistan

16. August 2021


Afghanistan war den alten Legenden nach der Paradiesgarten Gottes, den er den Afghanen gegeben hat. Schaut man sich alte Bilder und Aufzeichnungen an, weiß man, was damit gemeint war. Jedoch hatte Gott diesen Garten zu gut ausgestattet. Ein Blick in den alten Putzger weist Afghanistan noch als ein Land ohne nennenswerte Rohstoffe aus. Das war sein Schutz und Segen. So hatten westliche Mächte während den Kolonialzeiten kaum Interesse an einer Inbesitznahme. Dummerweise hat sich das geändert und aus dem Paradiesgarten wurde ein Schlachtfeld. Die in den letzten Tagen sichtbar werdenden furchtbaren Folgen des Afghanistan-Einsatzes und -abzugs kommen nicht überraschend und treiben uns mit Tränen in den Augen an den Rand des Wahnsinns. Die Frage nach dem Warum drückt schwer auf Gehirn und Gemüt.


Wer ernsthaft annimmt, dass zum Physiker, Rechtsanwalt oder Lehrer ausgebildete Personen allein durch die Absicht, ein politisches Amt bekleiden zu wollen, auch dazu qualifiziert seien, darf sich nicht erstaunt geben, wenn – huch!!! – ganz plötzlich und völlig unerwartet politische Fehlentscheidungen getroffen werden. Um hochkomplexe, gesamtgesellschaftlich und global miteinander verflochtene Prozesse durchdringen zu können, braucht es lange Jahre Erfahrungen und umfangreiche Kenntnis der Geschichte, der generischen Hintergründe, Ursachen, Auslöser, Zusammenhänge. Das allerdings gehörte heute nicht mehr zur Grundausstattung gewählter Volksvertreter. Menschen ohne jede Erfahrung und Wissen werden in Ämter gewählt oder berufen, denen sie nicht gerecht werden können.


Wer à la Grönemeyers Motto „Kinder an die Macht“ fordert, darf über Sandkastenspiele nicht erstaunt sein. Was genau spräche eigentlich dagegen, dass Minister und Abgeordnete für Bereiche, für die sie zuständig sein sollen, vorher einen Eignungstest nach einem definierten Wissenskanon ablegen MÜSSEN? Eine Motorsäge darf man auch nur mit einem entsprechenden Qualifizierungsnachweis bedienen, genauso wie der Gabelstapler nur mit einem Extra-Führerschein gefahren werden darf. Aber um einen Einsatz in Afghanistan zu beschließen, braucht es nichts. Klar, es gibt Anhörungen, Fragestunden oder Referentenentwürfe, die hauptsächlich von zwei Personengruppen erarbeitet: 1. Uni-Absolventen mit Bestnoten dafür bar jeder Erfahrung, oft genug mit einer (noch) nicht ausgebildeten Fähigkeit zum eigenständigen, zusammenhängenden Erkennen und Denken, was auch nicht ihr Auftrag ist. 2. von Lobbyisten, für den Aspekt der fachlichen Expertise, die nicht vom Bürger gewählt, von ihren eigentlichen Auftraggebern, in der Regel Konzernen, bezahlt werden und selbstverständlich in deren Sinne arbeiten, auch wenn sie während der Arbeit an den Referatsentwürfen in vom Steuerzahler finanzierten Büros im Bundestag arbeiten. [1].


Bei berechtigten Befürchtungen, dass Wahlmanipulationen auch und gerade von anderen Staaten zu Störungen nationaler Politiken führen könnte, wäre ein adäquater Grundwissenstest des Politischen, Historischen, Soziologischen und Kulturellen ein guter Schutzschild gegen negative Auswirkungen äußerer Manipulationen. Das Nachplappern kann man getrost den Papageien und das Produzieren von Luftblasen den Fischen überlassen. Die können das besser und kosten nichts. Man stelle sich die US-Wahl 2016 vor und der Frage an alle Kandidaten, zum Beispiel auf einer lediglich mit den Landesgrenzen konturierten Weltkarte Europa, Afghanistan, Libyen und Syrien anzuzeigen. Der Welt wäre ein durchgeknallter Egomane erspart geblieben. Die Politiker machen ansonsten auch immer neue Qualifizierungsnachweise verpflichtend, zur Sicherheit für Volk und Anwender. Als Vorlage für die Abgeordneten-Qualifizierung könnte billig und banal der Einbürgerungstest genommen werden, den man lediglich um internationale und ressortspezifische Fragen ergänzt.


Das Wüten der Taliban ist eine unfassbare Katastrophe, gegen die SOFORT gezielt vorgegangen werden muss. Da hilft allerdings kein Reden! Zeitgleich müssen die politischen Akteure endlich Ihre Lektionen lernen und verstehen, was seit 1978 in Afghanistan in welchem weltpolitischen Kontext geschieht. Viele stellen den Afghanistan-Einsatz nur in einen Zusammenhang mit 9/11. Der Angriff auf die Zwillingstürme führte 2001 zum ersten „Bündnisfall“ der NATO, da ein Mitgliedsland auf seinem Territorium angegriffen wurde, sich verteidigen muss und dem nach Artikel 5 des Nato-Vertrages das Bündnis militärisch beizustehen hat [2]. Dank Bekennervideo war die Täterschaft bin Ladins bald bekannt. Der damalige, vielleicht dank Alkoholkrankheit allwissende US-Präsident Georg W. Busch wusste natürlich, dass Usama bin Ladin sich in den afghanischen Bergen versteckt und forderte die Taliban zur Herausgabe auf!!! Gleichzeitig teilte er die Welt in zwei Teile: die Guten und die Bösen. Gut waren jene, die die USA in ihrem „Kreuzzug gegen den Terror“ unterstützen und Böse alle, die das nicht taten und deshalb zu Feinden deklariert wurden, die es zu bekämpfen gilt. 26 Tage nach 9/11 begann das US-Militär und seine Verbündeten, Afghanistan nach und nach in Schutt und Asche zu zerlegen, ohne dass der Verbleib bin Ladins dort bewiesen war. Am 02. Mai 2011 erschossen die US-Militärs einen Mann, den sie als Usama bin Ladin ausmachten – in Abbottabad, das, wie wir heute alle wissen, in Pakistan liegt, dem südlichen Nachbarn Afghanistans, um präzise zu sein...
Wer an dieser Stelle mit dem Versuch, die afghanische Situation zu verstehen endet, greift zu kurz. Afghanistan hat im Norden eine 2500 km lange Grenze zur früheren Sowjetunionin mit in dessen damaligem Süden oberhalb des Grenzverlaufes überwiegend muslimischer Bevölkerung, den heutigen Ländern Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan. 1978 putschten sich in Afghanistan linke Offiziere an die Macht und paktierten mit afghanischen Kommunisten. Sie ermordeten den der Sowjetunion zugewandten afghanischen Präsidenten Taraki, holten sich aber dennoch für ihren Kampf gegen vermeintlich mittelalterliche, muslimische Strukturen sowjetische Militär-Berater.


Im Nachbarland Iran hatten die USA gemeinsam mit den Briten 1953 den liberalen, weltoffenen, geachteten Premier Mossadegh gestürzt, nachdem dieser sich erdreistete, von den Briten die Hoheit über die landeseigenen Ölvorkommen und die damit verbundenen Einnahmen zurückholen zu wollen. Der Schah wurde re-inthronisiert, um eine willfährige Marionette vor Ort und ungehinderten Zugriff auf das iranische Öl zu haben. Daneben bauten die USA das Drohszenarios eines weltgefährdenden Kommunismus zur Festigung der eigenen Macht auf und nutzen im Kalten Krieg jede, gerne auch herbeigeführte Gelegenheit, um das propagierte Erstarken und Ausdehnen des Einflussbereiches der Sowjetunion einzudämmen, vulgo: um ihren eigenen Machtbereich weiter auszudehnen. Unter dem Schah wurden die Zustände im Iran immer prekärer, was zu Unruhen, Aufständen und in Folge dem Sturz des Schahs im Januar 1979 führte, nachdem Frankreich (Valéry Giscard d’Estaing), USA (Jimmy Carter), Großbritannien (James Callaghan) und Deutschland (Helmut Schmidt) beschlossen, den Schah nicht mehr zu unterstützen, sondern Gespräche mit dem islamisch fundamentalistischen Ajatollah Chomeini zu suchen!


Diese Rahmenbedingungen führten zu der sowjetischen Entscheidung, 1979 in Afghanistan einzumaschieren, um die dortigen kommunistischen Putschisten zu unterstützen und den eigenen Macht- und Einflußbereich auszubauen. Ihre Befürchtung war u.a., dass sich das nach dem Sturz des Schahs iranische islamistisch-fundamentalistische Regime in ein geschwächtes Afghanistan ausdehnt und dabei von den Muslimen ihres sowjetischen Südgürtels unterstützt würde, wodurch auch dort eine islamistische Front erstarken könnten. Die USA nutzten den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan für die Behauptung, dass die Freiheit durch einen sich ausdehnenden Kommunismus bedroht sei. Um dem vorzubeugen, suchten sich die USA Verbündete in Afghanistan, die sie mit Waffen und Geld hochrüsteten, damit diese die Kommunisten zurückschlugen. Dafür erkoren die USA die Guerilla-Gruppe der Mudjahedin, die Vorläufer der seit 1994 als Taliban auftretenden islamistisch-terroristischen Kämpfer.


Der Präsidenten-Flüsterer der Idee, dass die UdSSR auf direktem Wege von Afghanistan über Pakistan und Iran zum Indischen Ozean sei, war Zbigniew Brzezinski, nachdem der damalige US-Präsident Jimmy Carter persönlich beleidigt war, dass die Sowjets das SALT II-Abkommen (zur Begrenzung strategischer Waffen zwischen USA und UdSSR) nicht umgehend ratifizierten. In seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation erklärte Carter am 23. Januar 1980: „Jeder Versuch einer auswärtigen Macht, die Kontrolle über die Region am Persischen Golf zu erlangen, wird als ein Anschlag auf die vitalen Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika betrachtet, und solch ein Anschlag wird mit allen notwendigen Mitteln, einschließlich militärischer Gewalt abgewehrt werden.“[3] Mit diesem Vorwand wurden von da an Rüstungsgüter an China geliefert, in der überheblichen Annahme, dass die Chinesen mit Leidenschaft die militärische Vertretung der Amerikaner in dieser Region übernähmen. Dass die Chinesen all diese heilsversprechenden Wunderwaffen aufs Erfolgreichste kopiert haben und sich in den nicht-westlichen Ländern von der Weltöffentlichkeit weitgehend unbeachtet unfassbar starke Militärbasen aufgebaut haben, mit denen sie wohl in absehbarer Zeit dem Rest der Welt kraftvoll zeigen werden, wer von dann an die Regeln des Weltgeschehens vorgibt, genauso, wie die Amerikaner das seit bald 100 Jahren vorgemacht haben, sei nur eine Randbemerkung. Es ist ein Naturgesetz, dass Kinder mit dem vorhandenen Spielzeug spielen und das vormals Entrechtete in vielfacher Weise zurück schlagen, notfalls auch an anderer Stelle, wie das Verhalten Israels gegenüber den Palästinensern täglich zeigt. En passent sei erwähnt, dass Jimmy Carter, der der amerikanischen Entspannungspolitik seiner Zeit ein vorläufiges Ende bescherte, 2002 den Friedensnobelpreis erhielt …


Die Historie ist lang. Der Versuch, in einem Satz auf die Frage zu antworten, warum die Milliarden-Investitionen, Sanktionen, Gewalt, nicht zu einem freien, friedlichen Volk in Afghanistan geführt haben, ist so simpel, wie die Lage komplex ist: Guerilla-Kämpfer kann man nicht mit westlichen Militär-/Strategien bezwingen. Der Putsch linksgerichteter Rebellen 1978 in Afghanistan erfolgte nach dem bis dahin kaum untersuchten Phänomen der Guerilla-Strategien. Die Taliban spielen bis heute ihr grausames Spiel nach Guerilla-Taktiken, die nicht mit westlichen, militärischen Methoden zu durchdringen sind. Auch deshalb zeugte der Vorschlag des damaligen afghanischen Präsidenten Ghani während der Friedensgespräche in Kabul im Februar 2018 mit den Taliban den Frieden zu verhandeln von Dummheit oder Irreführung. Man mag hoffen, dass es in der naiven Idee geschah, die 26 Delegierten der unterstützenden Staaten charmieren zu wollen, damit diese ihn, Ghani, weiterhin unterstützen. An jenen Gesprächen hatten die Taliban trotz Einladung nicht teilgenommen mit der Begründung, nicht verhandeln zu wollen, solange die 14.000 US-Soldaten noch im Land seien. Nun sind sie weg und die Taliban setzen genau das um, was sie angekündigt haben. Man kann nicht erst in ein Land reinbomben, dann Geld in den Krater werfen und erwarten, dass künftig alles nach den Ideen der geldwerfenden Bomber läuft. Das geht vielleicht in vergleichbaren Ländern mit einem gemeinsamen kulturellen Hintergrund. Einem völlig anderen Kulturkreis mit gänzlich anderen Traditionen, Werten, Methoden und Sitten die eigenen mit Gewalt aufzwingen zu wollen hat noch nie funktioniert. Das hinterlässt immer nur Zerstörung, Verzweiflung, Hass.


Dass die Politik sich heute weltweit als geschockt, zutiefst betroffen und völlig überrascht geriert, ist perfide, grenzt an Verhöhnung der Betroffenen und beweist Inkompetenz und Machtgier. Wir ahnen es alle längst: Wenn hochgerüstete und mit viel Geld ausgestattete Militärs durchgeknallte Ballermänner in Sandalen nicht eliminieren können; wenn Bildungs-, Infrastrukturmaßnahmen, Hilfen aller Art und Güte keinerlei Erfolge zeigen, dann muss es um etwas anderes gehen. In keinem Fall kann es um die Menschen gehen. Diese sind der Vorwand, in dessen Name agiert wird. Es geht auch erst an zweiter Stelle um Geld. Das Geld ist der Treibstoff, mit dem der Motor läuft. Es geht um Macht, ob auf Seiten der Taliban, irgendwelcher Präsidenten oder hiesiger parteipolitischer Sprecher.


In diesem seit über vierzig Jahre währenden afghanischen Drama gab es manche, denen es auch dank der Hilfen besser geht und die erfolgreich etwas aufbauen konnten. Ebenso gab es die Kleptokraten, die sich zu bereichern wussten. Der weit größere Teil der Bevölkerung jedoch lebt in Angst, Elend, Armut, Unfreiheit und zahlt den Preis für diese Stellvertreter-Kriege, für die sie absolut keinerlei Verantwortung haben. Sie hatten das Pech in einem Land zu leben, dass für die strategischen Interessen vermeintlicher Großmächte gerade günstig lag.


Abgesehen von einigen erfolgreichen Maßnahmen in einem zwanzigjährigen Einsatz, ist die Infrastruktur desolat. Zur Schule können vornehmlich Privilegierte; in den Regionen, wo die Taliban die Macht haben, können Mädchen in der Regel nicht zur Schule und der Unterricht erfolgt nach islamistischer Doktrin (Koran-Schulen), vorausgesetzt man überlebt den Schulweg, der oft genug einem Himmelfahrtskommando gleicht. Wer hier aus seiner westlichen Wohlstandsperspektive heraus denkt, dass man die Taliban in einen künftigen Staat mit einbinden muss, ähnlich wie die Nazis nach dem zweiten Weltkrieg in die junge Bundesrepublik, macht einen gravierenden Denkfehler. Die Nazis, die in den Aufbau der BRD mit eingebunden wurden, waren ausgebildet und in ihren jeweiligen Bereichen kompetent. Es wurden zu viele Menschen im Krieg getötet und Millionen waren noch in Kriegsgefangenschaft. Da musste man an Arbeitskraft durchaus nehmen, was noch da war. Das trifft auf keinen Taliban zu. Ein gebildeter, formal qualifizierter Taliban, der etwas anderes kann, als Menschen zu foltern, zu töten, zu vergewaltigen und zu plündern dürfte wohl die Ausnahme sein. In keinem Fall gäbe es derer genügend, mit denen seriös ein Aufbau funktionierender staatlicher Strukturen möglich wäre, die auch nur einem Minimalansprach an Grundrechten gerecht würden. Zu unterstellen, dass ein überwältigender Teil der Bevölkerung hinter den Taliban stünde, kommt einer Versündigung am afghanischen Volk gleich! Fraglos gibt es Unterstützer der Taliban. Aber der überwiegende Teil der Bevölkerung hat gar keine Chance, sich dem Terrorregime der Taliban zu entziehen. Wenn sie überleben, nicht gefoltert, etwas zu Essen oder Gesundheitsversorgung haben wollen, haben sie gar keine andere Chance, als so zu tun, als machen sie mit.
Wäre es politischer Wille gewesen zu erfahren, was wirklich los ist in Afghanistan hätte es zwei gute Quellen gegeben: Alle Asyl-Antragsteller müssen zu einem Interview, dass mit i.d.R. vereidigten Dolmetschern in den jeweiligen Muttersprachen geführt wird. Hier gab es höchst wertvolle Informationen über die tatsächliche Lage in Afghanistan. Wie immer wurden aber nur Sachverhalte verwaltet (wie verteilt und versorgt man die Geflüchteten und wie wird man sie ggf. wieder los), anstatt auf das riesige Potential und perspektivische Chancen zu rekurrieren. Die andere Quelle hätten die Erfahrungsberichte der Afghanistan-Veteranen sein können. Aber diese Chance wurde vertan.
Kurz vor der nächsten Bundestagwahl sei daran erinnert, dass der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr unter rot-grüner Ägide verabschiedet wurde. Die Grünen, einst angetreten als ökologische Friedenspartei, zogen 1983 erstmalig in den Bundestag ein. Fünfzehn Jahre später stellten sie den Außenminister, Joschka Fischer, der seine Qualifikation als Steinewerfer und Taxifahrer erlangte, in schlampigem Outfit und zerlatschten Turnschuhen dem Bundestag seine Mißachtung demonstrierte und seine rhetorischen Fähigkeiten mit der in den Plenarsaal gebrüllten Bemerkung „mit Verlaub Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch“ unter Beweis stellte. Im Dezember 2001 stimmten auch die Grünen für einen deutschen Militäreinsatz in Afghanistan – um „unsere Freiheit am Hindukusch zu verteidigen“ im Namen des Friedens – auch für die Afghanen. Der für diesen Einsatz verantwortliche damalige SPD-Verteidigungsminister Rudolf Scharping entblößte seine politisch-strategische Unfähigkeit kurz zuvor, als er sich fröhlich planschend im mallorquinischen Pool ablichten ließ, während deutsche Soldaten in Mazedonien einmarschierten, um dort den Frieden zu bringen.


Die Eskalation in Afghanistan und das Verhalten vieler politischer Akteure wie der Kommentatoren zeigt einmal mehr, dass die mühevollst und unter größten Zugeständnissen aller in Jahrzehnten nach dem WK II aufgebauten Kooperations- und Dialogstrukturen einer gemeinsamen Global Governance gescheitert sind und Demokratien westlicher Art mit freien, gleichen und partizipierenden Bürgern im Niedergang begriffen sind.
Spätestens seit dem Entdecken riesiger Uran-Vorkommen in Afghanistan in 2009/10 haben die Afghanen kaum noch eine Chance, ihr Land je wieder in eigene Verwaltung zu bekommen. Neben Cybertechnologie ist der Besitz von Uran gegenwärtig genau das, was ein Land unangreifbar und mächtig macht, weshalb alle Länder, die die Hoheit über nukleare Rüstungsgüter in ihren Händen halten und diese Macht nicht teilen wollen, den Aufstieg Afghanistans verhindern müssen, damit diese nicht das Uran verkaufen oder selbst nukleare Rüstungsgüter produzieren, mit dessen Verkauf Milliarden verdienen und um einer potentiellen nuklearen Bedrohung durch Afghanistan vorzubeugen. Die Uranvorkommen reichen aus, die Welt zu zerstören und es gibt genügend Kandidaten, die das Uran gerne kaufen und/oder die Entwicklung und den Bau geeigneter Produktionsanlagen finanzieren würden. Vom Westen entwickelte Regelwerke, dass nicht jedermann seine eigene atomare Rüstungsproduktionsanlage bauen kann, sind für diese Kandidaten so wenig von Belang, wie für die Taliban.


Die gegenwärtig hoch dramatische Lage könnte Humus für eine nicht hochgenug einzuschätzende Bedrohung werden. Nach der Machtübernahme werden die Taliban sich für eine Weile handzahm gerieren, Friedensverhandlungen und Frauenrechte anbieten. Trauen sollte man dieser Brut indes nicht. Es könnte möglich sein, dass sie hinter diesem Vorhang auf die Entwicklung der Schürfung und Nutzung der Uranvorkommen spekulieren, um ihre eigene Machtbasis aufzubauen und für Jahrzehnte zu festigen. Bis es in Afghanistan wieder genügend des Denkens fähige Politiker gibt, die verantwortungsvoll damit umgehen können, dass mit dem Einsatz nuklearer Produkte egal welcher Art die ganze Menschheit bedrohende Risiken verbunden sind, dürfte wahrscheinliche zu viel Zeit vergangen sein. Mögen die Taliban dumm genug sein, diese Sprengkraft nicht zu erkennen, in beider Bedeutung Sinn. Aber gerade weil sie nicht in unserem Verständnis politisch denken, werden sie möglicherweise schon bald glorreichen Versprechungen anderer Heilsbringer aufsitzen, die ihnen den Abbau der Uranvorkommen und die Entwicklung damit herzustellender Güter abnehmen. Es bleibt zu vermuten, dass sich in dieser Riege keine in westlich-demokratischer Tradition Stehenden mehr finden werden.


Als Liebhaberin der schönen Künste gehört zu meinen Lösungsvorschlägen die Befassung mit Kunst. Dank guter Erziehung kann ich nicht mit eigenen Worten ausdrücken, was ich am liebsten tun möchte, wenn ich das politischen Agieren und Unterlassen im Kontext mit Afghanistan beobachte. Deshalb versuche ich ein Schlusswort mit einem Zitat des großartigen Impressionisten Max Lieberman. Seinen Ekel über den Sieges-Fackelzug der NSDAP am 30. Januar 1933 drückte er wie folgt aus: „Ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“ Danke, Herr Liebermann, besser kann man es nicht ausdrücken. Und was daraus geworden ist, ist hinlänglich bekannt…


[1] Laut Bundesanzeiger haben wir derzeit 2297 akkreditiere Lobbygruppen: https://www.bundestag.de/resource/blob/189456/c9f95e162866fe23c3f3a3b7f2aaf739/lobbylisteamtlich-data.pdf
[2] https://www.nato.int/cps/en/natohq/official_texts_17120.htm?selectedLocale=de
[3] Loth, Wilfried, Helsinki, 01. August 1975. Entspannung und Abrüstung, München 1998, S. 204




Das Spiel mit den Elementen – oder von der Unwilligkeit zu Weitsicht und Gemeinsinn
18.07.2021


Heute vor 17 Jahren toste ein Tornado durch unsere Region. Während ich mir entspannt den Sonntagsabend-Tatort ansah, rief meine um die Ecke wohnende Mutter an und berichtete kaum Vorstellbares von abgerissenen Balkonen, abhebenden Dächern, entwurzelten Bäumen. Davon hatte ich fünf Minuten entfernt nichts mitbekommen. Am nächsten Tag war es kaum möglich, morgens auf die Autobahn zu kommen, durch die Stadt zog sich eine Schneise der Verwüstung. Auch dieses Ereignis hat nach anfänglichem Entsetzen kaum etwas geändert und ist längst wieder aus dem kollektiven Gedächtnis entschwunden.


Gegenwärtig zeigt sich erneut ein nur über lange Zeit sichtbar werdendes Versagen von Politik wie Gesellschaft. So war es Anfang der 1990er Jahre ausgesprochen schwierig, Kunden von der Notwendigkeit einer Elemantarschaden-Versicherungen zu überzeugen. Es gab kaum ein Bewusstsein für derartige Schäden und für die Vermittler dieser Produkte gab es so gut wie keine Provision, was die mühevolle Überzeugungsarbeit höchst unattraktiv machte, obgleich die Versicherten lediglich einen Mehrbeitrag im Promillebereich hätten aufwenden müssen, um gegen das versichert zu sein, was nun nicht mehr nur Nachrichten aus fernen, oft genug armen Länder sind, sondern unsere eigenen Häuser, Straßen, Gesellschaften zerstört. Aber der Geiz und die Uneinsichtigkeit, dass auch Ereignisse, die man nicht will und nicht kennt, eintreffen können, verhinderten, diesen klugen Versicherungsschutz für niedrigste zweistellige Beträge zu inkludieren.


In den 80er und 90er Jahren war Versicherungsbetrug zum Volkssport Nummer eins avanciert, in der sicheren Überzeugung, dass man sich doch seine Prämie zurückholen müsse, weil der Versicherer ja nichts zu zahlen habe in Ermangelung „echter“ Schäden. Und die Versicherer wiederum opferten auf dem Altar der Profitmaximierung die klassische Versicherungsidee „einer für alle, alle für einen“, in der jeder einen kleinen Beitrag leistete, damit einzelne bei einem großen Schaden die bestmögliche Deckung haben.
Infolge des Brundtland-Reports von 1988 verbreitete sich die Idee von Nachhaltigkeit in immer weitere Bereiche der Gesellschaft und es entwickelte sich eine andere Wahrnehmung von Risiken. Der zunächst „nur“ akademisch prognostizierte Klimawandel zeigte sich mit immer stärker Wucht und traf jeden, mittel- oder unmittelbar. Auch das führte mit dazu, dass die Versicherer bereits seit Mitte der 90er Jahre die Versicherungsbedingungen und Risikoklassen nach unten anpassten. Jetzt wurde es schwieriger, Elementarschäden zu versichern. Und spätestens seitdem die Oderflut 1997 zeigte, was auf die Republik zu geschwommen kommt, wurde es ein immer teurerer Spießrutenlauf für die nun doch einsichtiger Werdenden, sich gegen Elementarschäden abzusichern. Jene, die noch Verträge mit alten Bedingungen hatten, lernen ganz aktuell existenzvernichtend, dass Versicherer smarte Wege finden, diese alten Verträge mit sehr guten Konditionen nicht mehr zu erfüllen und nach Ablehnung der Schadensregulierung zu kündigen, was das Versicherungsvertragsgesetz ermöglicht, da erst im Schadensfall sich Versicherer und Versicherte tatsächlich kennenlernen, weshalb beiden Parteien nach Regulierung oder Ablehnung eines Schadens ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht.


Nichts des Vorbenannten gehört in den Bereich des Geheimwissens der Druiden und wenn wir kluge, umfassend gebildete und des eigenen Denkens fähige Volksvertreter hätten, hätte hier längst von politischer Seite Einfluss genommen werden müssen. Elementarschäden heißen Elementarschäden, weil sie zum einen durch die Elemente Wasser oder Wind verursacht sind, aber auch, weil die Elemente Existenzen vernichten können. Hier hätte die Politik Jahrzehnte Zeit gehabt, geeignete Modelle von Pflichtversicherungen in „guten“, also schadensarmen Zeiten zu konzipieren, mit denen genügende Überschüsse hätten erwirtschaftet werden können, aus denen Großereignisse wie die gegenwärtigen hätten vernünftig reguliert werden können.


Der Preis der Freiheit ist immer ein hoher. Wenn die Menschen frei sein wollen, eigenverantwortlich zum Beispiel über den Abschluss einer Versicherungen zu entscheiden, müssen sie zumindest die Eigenverantwortung aufbringen, sich auch mit nicht ganz naheliegenden Themen zu befassen und entsprechend Vorsorge zutreffen. Freiheit gibt es halt nicht allein!!! Wirkliche Freiheit kann man immer nur dann erreichen, wenn sie im Kanon mit anderen angestrebt wird und das kann im Zweifel bedeuten, Versicherungen abzuschließen für kleinste Prämien, um vielleicht doch irgendwann Schäden abgesichert zu wissen – in der stillen Hoffnung, dass das nie eintreffen möge. Es hätte jedem ein gutes Gefühl sein könne, ja müssen, zu wissen, dass die zerstörerischen Schäden bei anderen gut gedeckt sind, während man selber das große Glück hatte, unbeschadet davon zu kommen. Zumindest dieses Mal...


Am Ende noch einmal das Zitat von Ernst Wilhelm Reinoldi, dem Begründer der Gothaer Versicherungen, dessen Maxime es war: Einer für alle – alle für einen. Das ist das Wesen einer Gemeinschaft, der Kern der Demokratie. Irgendwie ist dieser Gedanken in längst vergangenen Fluten wohl irgendwie, irgendwann untergegangen… Diesen Gemeinsinn neu aufzubauen dürfte erheblich schwieriger sein, als die gegenwärtigen Flutschäden zu beseitigen. In den letzten Tagen schwingt das Wort der Solidarität zu neuen Höhen auf, weil so viele freiwillige Helfer bis zur Erschöpfung Hilfe leisten. Das kann man gar nicht hochgenug loben!


Schlussendlich bleibt die Frage, wie weit es mit der Solidarität jenseits aller Katastrophenereignisse ist, durch die sich eine Gesellschaft stabilisiert, zum Beispiel indem man sich versichert, auch um andere zu schützen und die Prämien gerne zahlt, dankbar um jedes Jahr vermeintlich "unnötig“ gezahlter Prämien – ohne das Bedürfnis, sich davon irgendetwas zurück zu holen. Das wäre prophylaktische Solidarität, die eine Gesellschaft besser zusammenschweißt, als alle Aktionen im Ernstfall oder politische Sonntagsreden!




Es grünt so grün, wenn Phantasiegeschichten blühen!
18. Juli 2021


Es ist nicht nachvollziehbar, wie jemand sich für die Kanzlerschaft als geeignet und auserwählt fühlt, nicht in der Lage ist, sich an banalste Rechtmäßigkeiten zu h alten. Wenn Mitgliedschaften und Tätigkeiten öffentlich zu machen sind und man Schwierigkeiten mit dem eigenen Erinnerungsvermögen hat, muss man in medias res gehen, bis alles Gegenwärtige und Vormalige beisammen ist. Notfalls frage man die eigene Mutter oder andere geeignete Personen. Wenn jemand dazu weder Bereitschaft noch Fähigkeit hat, möge Gott oder sonstige höheren Mächte und notfalls der Wähler selbst sein Land davor schützen, dass so eine Person tatsächlich ins dritte höchste Staatsamt gelangt.


Ein derartiges Verhalten zeugt von infamer Dummheit, Arroganz und/oder Ignoranz. Falls das nicht zutrifft, müsste Betrugs- oder Täuschungsabsicht unterstellt werden und im aller günstigstem Falle, dass es jemand nicht der Mühe wert erachtet, korrekt und ehrlich zu sein. Inwieweit das zur Kanzlerschaft qualifizieren soll, bleibt ein Rätsel. Daneben verblassen selbst Kohls schwarze Kassen, Konten und Ehrenworte! Immerhin gab es da noch ECHTE Sachverhalte: es ging um hohe Millionenbeträge, die zum Wohle und Machterhalt der Partei dienten und nicht dem persönlichen Vorteil.


Nicht dass das entschuldbar wäre! Aber unser Land regiert zu wissen von einer Person ohne Verantwortungsgefühl in kleinen Dingen, der sich nicht an eine Mitgliedschaft erinnern kann, die nur drei Jahre zurückliegt, möchte ich mir in kühnsten Albträumen nicht ausmalen. Die Annahme, man könne in und an einem Amt wachsen, trifft gewiss auf manche Persönlichkeiten zu. Das per se zu unterstellen, wäre indes eine fatale, trügerische Hoffnung und darf hier wohl kaum noch ernsthaft angenommen werden.


Es ist nun mal ein Unterschied, ob jemand eine Person ist oder Persönlichkeit!


Wer ein in seinem Namen publiziertes Buch als eigenen geistigen Erguss ausgibt ohne Kenntlichmachung eines Ghostwriters, mit dem man erst bei Plagiatsvorwürfen rausrückt, lässt nichts Gutes erwarten für den Fall einer Kanzlerschaft. Mal sehen, welcher Kaspar da noch aus der Kiste springt… Lustig ist das in keinem Fall mehr, sondern systemzersetzend! Hoffentlich besinnen sich die Bürger jenseits aller Heilsversprechen rechtzeitig und machen von ihrem Recht auf freies Denken Gebrauch! Wenngleich fraglos gilt: nie war es so schwierig, wie heute - und auch nicht so spannend!



Treffen sich ein Kabarettist und ein Gedichteliebhaber…
01. Juni 2021


… Witze die so beginnen, sind immer schlecht, das wissen schon Kinder und rollen die Augen. Leider geht es im Folgenden noch nicht einmal um einen schlechten Witz, sondern um bittere Wahrheiten des politischen Alltags, die erneut zeigen, dass die Steigerung von dumm - dümmer - am Dümmsten noch einen Super-Superlativ kennt.


Die Akteure:
1. Habeck, grüner Co-Vorsitzende und Verlierer der Schlacht um die Bundeskanzler-Kandidatenkür. Habeck schrieb dereinst seine universitären Abschlussarbeiten über Gedichte und die literarische Ästhetizität, was wunderbare und viel zu seltene Themen sind. Das qualifiziert einen indes nicht im Geringsten in politischer oder volkswirtschaftlicher Hinsicht. Jedoch sollte man jemandem nach einem geisteswissenschaftlichen Studium doch zutrauen können, dass er in der Lage ist, Geschriebenes lesend zu erfassen. Da er nunmehr 19 Jahre sich dem Politischen verbunden fühlt und mit Ämtern betraut wurde, sollte man doch annehmen, dass Habeck seine Fähigkeiten des lesenden Verstehens auch auf politische Texte auszudehnen gelernt hat. Das hat er möglicherweise auch in verschiedenen Bereichen. Im Bereich der Rüstung definitiv nicht!


Deutschland und die Europäische Union haben im Kontext mit Rüstungsgütern, zumindest auf dem Papier, höchst differenziert ausgearbeitete Gesetze, wie das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKontrG), das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) oder den „Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des Rates der Europäischen Union“, aus dem der seit 2014 gültige Vertrag über den Waffenhandel „Arms Trade Treaty“.


Ich lebe und empfehle jedem mein Motto: Ein Blick ins Gesetz hat noch keinem geschadet! Nun haben Sie vielleicht gerade heute keine Zeit, sich durch die vorbenannten Gesetze zu arbeiten. Dann machen Sie es sich leicht und nehmen den „Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im ersten Halbjahr 2020 – Rüstungsexportbericht“, Stand Oktober 2020.


Dort lesen Sie in der Anlage 1, III. 7:


„Die Lieferung von Kriegswaffen und kriegswaffennahen sonstigen Rüstungsgütern wird nicht genehmigt in Länder,

  • Die in bewaffneten Auseinandersetzungen verwickelt sind oder wo eine solche droht,
  • In denen ein Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzungen droht oder bestehende Spannungen und Konflikte durch den Export ausgelöst, aufrechterhalten oder verschärft würde."

Lieferungen an Länder, die sich in bewaffneten äußeren Konflikten befinden oder bei denen eine Gefahr für den Ausbruch solcher Konflikte besteht, scheiden deshalb grundsätzlich aus, sofern nicht ein Fall des Artikels 51 der UN-Charta vorliegt.“[1]


Ich weiß jetzt nicht, was man an diesem Grundsatz nicht verstehen kann. Zusammenfasst in einfach steht dort: wo geballert wird, dorthin wird nicht geliefert. Das ist doch ganz einfach.
Und zum letzten Satz des Zitates ist zu ergänzen, dass die UN bisher noch keinen Fall nach Artikel 51 ausgerufen hat! Die ganz besonders Interessierten können diesen gerne nachlesen. Hier der Link[2]


2. Der zweite Akteur Selenskyj hat immerhin ein Jurastudium abgeschlossen, so dass man meinen könnte, dass zumindest ihm das verstehende Lesen von politischen und juristischen Texten nicht schwerfällt. Zwar hat Selenskyj nie als Jurist gearbeitet, sondern ist nahtlos in die darstellenden Künste gewechselt. Seine politische Expertise, die ihn 2019 in das Amt des Staatspräsidenten der Ukraine brachte, sammelte er mit seiner Satire über die politische Situation in Russland. Damit ist er wahrscheinlich noch qualifizierter als manch andere politischen Akteure. Eine gute Satire braucht exzellentes Verständnis und tiefes Durchdringen des satirischen Gegenstandes. Nun ist es indes etwas anderes, ein Thema satirisch zu durchdringen, als im harten politischen Alltag das angeschlagene, korruptionsdurchseuchte Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Das Putin an Selinskyj keine Freude hat, war naheliegend. Das er dagegen vorgeht, ist für keinen politischen Beobachter eine Überraschung.
Vielleicht hat der deutsche Grüne gedichtverliebte Habeck den parodierenden Satiriker Selenskyj besucht, um sich über Literatur, Wortgewalt und anderes auszutauschen. Warum sonst hätten sie sich treffen wollen? Aber: Nun ist Selenskyj aufgefallen, dass die Deutschen ihm keine Waffen liefern! Tststs… , so was aber auch… . STandesgerecht fordert er nun deutsche Waffenlieferungen ein - und Habeck springt seinem möglicherweise Kumpanen im Geiste bei und unterstütz dessen Begehren.


Wie ausgerechnet einer, der sich den Grünen-Idealen verschrieben hat auf die Idee kommt, in ein Land, dass (nicht nur) von Deutschland Entwicklungshilfegelder erhält on the top auch noch Rüstungsgüter liefern zu wollen, ist unfassbar und lässt furchterregend tief blicken. Da eine genauere Beschreibung dessen, was ich darüber denke vielleicht unhöflich erscheine könnte, unterlasse ich weitere Kommentierungen und überlasse alles Weitere Ihnen.


In diesem Sinne: Bleiben Sie friedlich, heiter und coronafrei an diesem sonnigen Tag. Und denken Sie daran: Nur selber denken macht schlau!


[1] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Aussenwirtschaft/ruestungsexport-zwischenbericht-2020.pdf?__blob=publicationFile&v=14
[2] https://unric.org/de/charta/




Gymnastik für Denker und 

das verlorene Verständnis von Ehre
12. März 2021


Keine Zeit zum Lesen? Dann hören Sie sich den Essay hier an.
Eine meiner täglichen Gepflogenheiten ist, morgens ab 05.30 Uhr im DLF die Informationen am Morgen zu hören. Diese bringen mir nicht nur die Neuigkeiten aus Deutschland und der Welt, sondern sie verkürzen auch die Morgengymnastik, da die Meldungen regelmäßig mein Blut zur Genüge in Wallung bringen.


Wenn ich bereits früh am Tag höre, „sie [die Pharmafirmen] sollen offenlegen, welche Länder schon [mit Impfstoffen] beliefert wurden“ und dass die Unions-Abgeordneten bis heute 18.00 Uhr eine Ehrenerklärung (!!!) abgeben sollen, dass sie sich nicht im Kontext der Bekämpfung der Corona-Pandemie bereichert haben, bin ich schlagartig hellwach und frage mich voll heiligem Zorn, aufgrund wessen sich die Abgeordneten in maßloser Überheblichkeit und Selbstherrlichkeit derart aufblasen. Diese ungeniert offen zur Schau getragenen Dummheit, Unfähigkeit und Unwilligkeit ist noch vor dem, dass das unsere Demokratie ruiniert, ganz einfach unerträglich.


Warum das, was die Unions-Bundestagsabgeordneten bis heute Abend abgeben sollen als Ehrenerklärung bezeichnet werden muss, erschließt sich dem kundigen Beobachter nicht, außer, dass dieses in den Orbit trompetete Geschwafel der Beweis der Dummheit und Untugend der Volksvertreter sind.


Gemäß Duden ist eine Ehrenerklärung ein öffentlicher Widerruf einer Beleidigung oder verleumderischer Behauptung.


Ein Ehrenwort ist jemandes feierliche, sich auf seine Ehre stützende Versicherung zur Bekräftigung einer Aussage oder eines Versprechens.


Also müssten, folgt man dem Duden, die Abgeordneten zur Abgabe einer Erklärung aufgefordert werden, mit der sie bestätigen, vielleicht sogar an Eides statt versichern, dass sie keinerlei finanzielle Vorteile im Zusammenhang mit der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlangt haben. Wer mag, könnte das mit einem Ehrenwort garnieren. Aber in keinem Fall mit einer Ehrenerklärung!


Jedoch sind weder Ehrenerklärungen noch Ehrenworte justiziabel und gerade im Politischen ein bedeutungsloser, aufgeblaser Spuk, woran die folgenden Beispiele erinnern sollen:


1. Der damalige schleswig-holsteinische CDU-Ministerpräsident Uwe Barschel gab einst sein Ehrenwort gleich doppelt: „Über diese Ihnen gleich vorzulegenden eidesstattlichen Versicherungen hinaus gebe ich Ihnen, gebe ich den Bürgerinnen und Bürgern des Landes Schleswig-Holsteins und der gesamten deutschen Öffentlichkeit mein Ehrenwort – ich wiederhole: Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort! – dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe haltlos sind.“


Diese zur Bekräftigung gegebene Verdoppelung des Ehrenwortes tut ja schon aus Kindertagen bekanntermaßen immer dann not, wenn man weiß, dass man zum Beispiel Süßigkeiten statt Obst gegessen hat, der skeptisch dreinblickenden Mutter aber sagte, man habe doch Obst gegessen, ganz bestimmt habe man Obst gegessen und keine Süßigkeiten. Während die meisten normalen Menschen diese frühkindlichen Übungen schnell überwunden haben, werden sie für andere zur Methode zur Machterlangung und des Machterhaltes.


Was nötigte den CDU-Ministerpräsidenten 1987 zu diesem doppelten Ehrenwort? Es gab einen schmutzigen Wahlkampf und der SPD-Ministerpräsidenten-Kandidat Björn Engholm war als Sunnyboy attraktiv und beliebt, und obgleich er Barschels Meinung nach flach war und nicht dessen Qualitäten hatte, war er ein gefährlicher Konkurrent. Da Barschel Engholm nicht mit echten Argumenten schlagen konnte, initiierte er eine Verunglimpfungskampagne, mit der Barschel versuchte, Engholm als pädophil und bisexuell darzustellen. Damit nicht genug, inszenierte Barschel eine Durchsuchung seines eigenen Büros, bei der auch Abhörwanzen angebracht wurden, was Engholm in die Schuhe geschoben werden sollte. Barschels Adlatus Reiner Pfeiffer bekam Skrupel, ging zum Notar ... und anschließend zum „Spiegel“, der die Story dankbar aufgriff. Es kam, wie es kommen musste: die gründlich recherchierenden Journalisten deckten Barschels Lügen auf, dieser trat zurück, um dann einige Tage später ein unrühmliches Ende in einer Badewanne des herrlichen Hotels Beau Rivage am Genfer See zu nehmen. Warum musste er ausgerechnet noch diese feine Adresse in Mitleidenschaft ziehen? Dachte er dabei an Kaiserin Sissi, die ebenfalls in diesem Hause nach einem Attentat durch einen italienischen Anarchisten verstarb? Bleibt zu hoffen, dass Herr Barschel zumindest die Hotelrechnung im Voraus und aus eigenem Vermögen bezahlt hat und nicht dem des Steuerzahlers!


Trotz Watergate-Erfahrung hätte Hollywood ein Drehbuch mit so einer Geschichte wahrscheinlich als zu absurd abgelehnt.


2. Das zweite berühmte Ehrenwort kam aus dem hollywoodschen Mutterland Amerika. Dort gab 1998 der damalige US-Präsident Bill Clinton öffentlich zunächst folgende Erklärung: „I want to say one thing to the American people. I want you to listen to me. I’m going to say this again. I did not have sexual relations with that woman, Miss Lewinsky. I never told anybody to lie, not a single time; never. These allegations are false.” Einige Monate später schwor er unter Eid, keine Beziehung mit Lewinsky gehabt zu haben. Dank unappetitlicher Spermaspuren an einem extra für solche Fälle aufbewahrten Kleid (hat eigentlich jemand geprüft, ob dieses Kleid wirklich Ms Lewinsky gehörte und von ihr getragen wurde?) wurde Clinton der Lüge überführt und es fanden sich Zeugen, dass er andere zur Falschaussage anzustiften versuchte. Dennoch blieb er im Amt.


Mit wem ein Präsident sexuelle Beziehungen hat, ist ausschließlich dessen Privatangelegenheit und nur von seiner Ehefrau zu beurteilen. Als höchster Würdenträge das ganze Volk unter Eid zu belügen, hat hingegen eine Dimension, die meines Erachtens überhaupt nicht genügend beleuchtet wurde. Was macht das mit einer Gesellschaft, wenn Personen in höchsten Ämtern für zumindest im politischen Sinne völlig unerhebliches (einvernehmlich sexuelles) Verhalten derart lügt? Wie psychosozial gestört muss jemand sein, ein so wichtiges Amt aufs Spiel zu setzen, das Amt als solches genauso wie die eigene Amtsinhaberschaft, die Ehe und seine Reputation?


3. Der letzte im Bunde ist unser Altkanzler Helmut Kohl, der rechtswidrig Spendengelder in Millionenhöhe wie in einem schlechten Kriminalroman angenommen hatte, resp. hat annehmen lassen, die Namen der anonymen Spender aber stur und trotzig wie ein Kleinkind nicht nennen wollte unter dem Vorwand, er habe den Spendern sein Ehrenwort gegeben, deren Namen nicht zu nennen. Nun war Kohl, als die Spendenaffäre 1999 aufflog, bereits seit zwei Jahren nicht mehr im Amt, so dass die Würden in möglicherweise nicht mehr tangierten. Das ein Ehrenwort gegenüber Personen, die anzunehmenderweise nicht aus Bescheidenheit anonym bleiben wollten, sondern, weil die gespendeten Beträge aus dem Finanzamt nicht bekannten Quellen sprudelten und mit Tätigkeiten erworben wurden, die wahrscheinlich nicht friedensnobelpreisverdächtig waren, das diese Ehrenworte mehr gelten, als der Amtseid eines der freiheitlich demokratischen Grundordnung verpflichteten Bundeskanzlers, der geschworen hatte, dem Wohle des Volkes zu dienen, ist unfassbar - bis heute. Amtseide sollten sich auch über die Amtsdauer hinaus im Verhalten der Personen widerspiegeln. Zumal die Spenden während Kohls Amtszeit geflossen sind und Waffenhändler mit im Spiel waren. Und das von einem bekennden Christen, der als promovierter Historiker und Kriegskind wissen dürfte, wohin Lügen und Waffengeschäfte führen.


Wer heute lamentiert, dass irgendwelche Terroristen, sonstige -ismen oder Verschwörer unsere Republik oder die demokratischen Staaten westlicher Couleur zerstören wollen, der verdrängt die Tatsache, dass es genau diese prominenten Politiker wie die vorgenannten sind, die allen -ismen und tatsächlich Zerstörungswütigen durch ihre perfiden Amtsmissbräuche den Boden bereiten und dadurch auch all die guten, aufrichtigen Politiker diskreditieren, weil der gewöhnliche Betrachter nur selten tiefgründig reflektiert. Und das ist nichts, das der Vergangenheit angehört. In dieser Stunde stehen drei Abgeordnete am Pranger, sich an der Pandemiebekämpfung bereichert zu haben.


Haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages wirklich keine ausreichenden Einkünfte? Die gegenwärtig perfiderweise Diäten genannten Bezüge liegen monatlich bei 10.083,45 Euro plus einer monatlichen Kostenpauschale von 4.418,09 Euro. Macht in Summe 14.501,54 Euro. Ok, davon muss ein kleiner Teil an die eigene Partei abgeführt werden, was an sich schon höchst fragwürdig ist! Alle Abgeordneten werden durch die Steuerzahler allimentiert und in einer Demokratie finanziert jeder die Opposition mit. Auch wenn einem das nicht immer gefällt, ist das der richtige Weg. Wenn aber mit meinem Geld nicht nur opositionelle Personen, sondern demokratiezersetzende Parteien finanziert werden, sieht die Sache schon ganz anders aus. Ferner müssen Abgeordnete die üblichen Abgaben für Kranken- und Rentenversicherung und Steuern zahlen. Zum Troste stehen ihnen zusätzlich phantastische Zubehöre zur Verfügung. Möchte der Normal-Bürger täglich die FAZ lesen , muss er monatlich 71,50 Euro bezahlen. Werden Fach-Literatur, Bücher, Fachzeitschriften, digitale Abos oder Zugang zu Archiven gebraucht, zahlt man selbstverständlich alles aus dem eigenen Portemonnaie, ebenso den Montblanc Füller, Computer, Drucker, Papier und und und. Die gewählten Volksvertreter nehmen für diese Bedarfe einen schicken Katalog und bekommen als bald alles an ihren Platz geliefert - ohne Kosten, das versteht sich. Auch werden sie gerne zu dekorativen Zwecken als Ehrengäste zu Veranstaltungen eingeladen, für die der Normal-Bürger viel Geld bezahlen müsste. Sprechen sie dort einige salbungsvolle Worte, haben sie ein paar Tausend Euro mehr auf dem Konto, ohne das sie für die Kosten der Anreise und Unterkunft aufkommen zu müssen - schließlich sind sie im Dienste des Vokes unterwegs. Halten Sie irgendwo geschwätzige Vorträge, die in der Regel von ihren Referenten oder dem wissenschaftlichen Fachdienst des Bundestages erarbeitet werden und also nur noch abgelesen werden müssen, erhalten sie satte vier- bis fünfstellige Honorare und gelten als Top-Redner. Ohne ihre Mandate würden die meisten wohl kaum auf diesen Bühnen stehen.


Dazu kommen die Nebentätigkeiten. Schauen Sie sich in einer ruhigen Stunde die Profile der Abgeordneten auf der Internetseite des Bundestages einmal etwas genauer an. Die neben der Abgeordneten-Tätigkeit erlangenten "Nebeneinkünfte" sind veröffentlichunspflichtig. Da schwirrt Ihnen der Kopf, weil es nur schwer nachvollziehbar ist, wie jemand, der eigentlich einen Vollzeitjob im Bundestag plus seinen Wahlkreis hat, auch noch die Zeit aufbringen kann, "Nebeneinkünfte" zu generieren, die oft genug die monatlichen Diäten um ein Vielfaches übersteigen.
Und das reicht noch immer nicht??? Muss man tatsächlich noch das Image aller Politiker und der Demokratie als Selbstbedienungsladen ruinieren, in dem man sich ausgerechnet in Notzeiten auch noch die Taschen dick macht? Die 600.000 Euro für die Vermittlung eines Auftrags zur Lieferung von Masken ist ja noch schäbiger als wenn der CEO der UBS in 2020 mehr als 13 Millionen bekommen hat, während gleichzeitig gegen die UBS Prozesse wegen Begünstigung von Steuerhinterziehung laufen. Im Gegensatz zu gewählten Volksvertretern in Demokratien sind die UBS- und andere Banker immerhin nie mit dem Schwur angetreten, zum Wohle aller ihrem Land zu dienen, sondern mit der Marschrichtung der Profitmaximierung um (fast) jeden Preis.


Verstehen Sie mich bitte richtig. Ich finde Geld gut und viel Geld noch viel besser. Wenn man aber keinen inneren Kompass mehr hat, ab wo der Bereich des moralisch Richtigen verlassen wird, dann entfaltet das System des Kapitalismus mit voller Wucht seine zerstörerischen Kräfte, anstatt die positiven Aspekt weiter auszubauen.
Mein an dieser Stelle kostenfreier Rat an alle Abgeordneten, die denken, dass sie allwissend, unersetzbar, weltrettend, einfach so unfassbar gut sind, dass die mageren Abgeordneten-Bezüge ihre Fähigkeiten nicht widerspiegeln: gehen Sie mit Ihren begnadeten Talenten in die freie Wirtschaft! Dort haben manche das Glück, tatsächlich die Gehälter zu bekommen, die sie denken verdient zu haben. Hoffentlich reichen Ihre Fähigkeiten aus, einen besseren Job als den des Pförtners zu bekommen. Den guten alten Pförtner, der noch jeden kannte und alles im Blick hatte, gibt es nicht mehr. Das machen jetzt Security-Leute, für Mindestlohn. Der wird aber schon in Ordnung sein, sonst hätten Sie, liebe Abgeordnete diesen Mindestlohn nicht in dieser Höhe eingeführt, oder? Schließlich sind Sie kompetent und kennen sich aus. Ob Ihre Qualifikationen indes ausreichen für einen hochdotierten Job in der freien Wirtschaft, dessen bin ich mir nicht ganz so sicher. Schließlich habe ich mir nicht nur Ihre "Nebeneinkünfte", sondern auch Ihre Biographien angesehen. Daraus kann ich beim besten Willen keine Rechtfertigung für exorbitante Bezüge ableiten.


Größenwahn, Selbstüberschätzung, das Ignorieren kluger Ratgeber haben nicht nur das Alte Rom in den Untergang geführt.


Diese Betrachtung zeigt einmal mehr die Korrelation:
je mehr Gerede um die Ehre, desto frevelhafte die Tat!

 


Der zweite Punkt, der mich heute früh munter machte, war die Forderung, Firmen sollen offenlegen, in welche Länder sie bereits geliefert haben. Und diese Forderung kam nicht von einem totalitären, autokratischen, diktatorischen Regime.


Es sind genau diese Abgeordneten, die seit langem verhindern, dass die in hinreichender Zahl bekannten, seriösen Warnungen vor dem bevorstehenden Auftreten von Pandemien, den daran gekoppelten Risiken und Notwendigkeiten konsequent in politisches Handeln übersetzt werden, in dem man zumindest Logistiken plant und im Notfall abrufbare Kapazitäten vorstrukturiert. Auf europäischer Ebene kennt der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union  AEUV zwar den Artikel 168 über das Gesundheitswesen, beschränkt indes die Rolle der Europäischen Union auf die Ergänzung der Politik der Mitgliedsstaaten. Die EU kann im Bereich des Gesundheitswesens nicht eigenständig aktiv werden. In dem im Dezember 2009 in Kraft getretenen, aktuell gültigen Vertrag wurden die großen Katastrophen ausgeblendet oder, wohlwollender formuliert, nicht berücksichtigt. Ob Wettbewerbsinteressen der einzelnen EU-Mitgliedsländer eine gemeinsame Politik bisher verhindert haben? Deutschland hat mächtige Pharmakonzerne, Frankreich auch... Man hätte gehofft, dass den ökonomischen Interessen zumindest eine echte Bedrohung übergeordnet wäre.


Die im Artikel 222 verankerte Solidaritätsklausel bietet für den Katastrophenschutz der EU nur eine Koordinierungsplattform: „Die Union und ihre Mitgliedstaaten handeln gemeinsam im Geiste der Solidarität, wenn ein Mitgliedstaat von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe betroffen ist.“ Es wirkt nachgerade naiv, dass offensichtlich niemand auf die Idee kam, dass alle Mitgliedstaaten (und der Rest der Welt) zeitgleich mit einer einzigen Herausforderung konfrontiert sein könnten.


Der ursprünglich als Verfassung der Europäischen Union konzipiert Vertrag von Lissabon wurde unter den Bedingungen einer vom Terrorismus bedrohten Welt verfasst. Dementsprechend finden dort terroristische Bedrohungen expressis verbis Eingang. Globale Seuchen muteten eher museal an und waren vielleicht deshalb auf niemandes Radar. Dabei gab es sehr wohl Ereignisse, die im Zusammenhang der Terrorbekämpfung zwangsläufig auf die Spur von biologischen Kampfstoffen und somit auch zu Viren führten, wenn man denn schon nicht an Epi- oder Pandemien denken mochte. Erinnern Sie sich an die Aum-Sekte? In Japan? Weit weg vom islamistischen Terror? Diese 1984 als Yoga-Club gegründete Gruppe radikalisierte sich zügig und kündigte für 1997 den Weltuntergang an. Um diesem etwas Vorschub zu leisten, verübten sie mit dem chemischen Kampfstoff Sarin, den sie seit 1994 selbst herstellen konnten, einen medienwirksamen Giftgasanschlag in der Tokyoter U-Bahn.


Infolgedessen wurden zumindest im Bereich der Terrorabwehr verschiedene Szenarien zu Angriffen mit unsichtbaren Kampfstoffen wie Giftgasen, Bakterien und Viren durchgespielt. Unter anderem wurde der Einsatz von Pockenviren diskutiert, die ohne Aufwand (sofern man die Seren hat), unauffällig in Klimaanlagen eingebracht vor allem an Flughäfen ihr unheilvolles Werk verrichten könnten. Diese Planspiele, gekoppelt mit den Warnungen der Epidemiologen und anderer Politikbeobachter, weisen seit vielen Jahren auf die ernste Gefahr unsichtbarer Bedrohungen hin, sei es durch gezielte terroristische Einsätze, Laborunfälle oder andere Übersprünge auf menschliche Wirte. Um hier Zusammenhänge erstellen zu können, wäre indes die Fähigkeit und der Mut, sich seines eigenen Verstandes bedienen zu können und zu wollen, von Nöten. Von Politikern wurden sie gepflegt ignoriert.
Und wem das Wissenschaftliche zu komplex und kompliziert war, für den gab es genügend Spielfilme, in denen man, gemütlich Chips futternd, auf dem Sofa dem Weltuntergang durch Pandemien zuschauen konnte. Aber ach: es war ja nur ein Film, in Echt gibt’s das nicht… kann ja gar nicht… weil ich das nicht will…. Möge das nicht als Beispiel dienen für die Folgen, wenn ganze Generationen sich mit Ballerspielen vergnügen, die auch angeblich keine Auswirkung auf das psychosoziale Verhalten haben.


Nun denn! Es ist schlechterdings für den gebildeten Betrachter nicht nachvollziehbar, warum weltweit keinerlei geeignete Notfallpläne und Vorbereitungen für den Ernstfall virologischer Pandemien vorhanden waren. Ein Schelm, der Böses dabei denkt und gar das Konstrukt pharmazeutischer Lobbyisten-Diktaturen zusammenzimmert.


Es ist wohl unwahrscheinlich, dass ein Abgeordneter diesen Essay bis zum Ende liest. Nicht nur, weil sie als wichtige Leute gar keine Zeit für philosophische Betrachtungen haben, allein es ist zu viel Text. Sollten Sie jedoch durchgehalten haben, gibt es hier noch das philosophische Bonbon:


"Ehrgefühl ist das Gefühl für den Wert der Ehre (Selbstwertgefühl), das uns treibt, das Urteil unserer selbst (Eigenwertgefühl) und anderer über uns rein zu erhalten und die angegriffene oder verlorene Ehre wiederherzustellen."


Diese treffliche Definition finden Sie im "Wörterbuch der philosophischen Begriffe" (Hg. Regenbogen/Meyer). Sollten Sie bestrebt sein, Ihre eigene Ehre rein zu halten und wissen nicht mehr so genau, wie das in dem großen Grundrauschen unserer schnelllebigen Zeit geht, oder sollten Sie ihre Ehre gar wiederherstellen müssen und wissen nicht so genau wie: zögern Sie nicht und vereinbaren Sie einen Termin mit meinem Büro! Seien Sie versichert, die Bibel hat (nicht nur in diesem Punkt) recht: Wer suchet, der findet. Wer anklopft, dem wird auf getan.



Simplex Simplicitas
05. März 2021


Heute berichten die Medien, dass die Zahl der mit Corona Neu-Infizierten um 600 Personen höher ist, als letzte Woche Freitag. Schaut man genauer hin, ist die 600 eine interessante Zahl.


Haben Kinder zum Beispiel am Weltspartag 600 EUR auf ihren Sparbüchern, werden sie ziemlich stolz sein und große Pläne machen. Haben Auto- und PS-Liebhaber einen Maserati mit 600 PS (und eine freie Autobahn), haben auch sie ein Gefühl von Stolz und unbegrenzter Freiheit.


Nimmt man die Weltbevölkerung um das Jahr 600 n.Chr., lag diese bei rund 200 Millionen Menschen. Am heutigen Tag leben 7.852.046.000 Menschen auf diesem schönen Erdenrund, was einem Wachstum von 3.926 % entspricht. Nur ist die Erde nicht im gleichen Maße um das 3.926-fache angewachsen, weshalb es heute etwas voller und enger ist als vor 1421 Jahren. Und weil das so ist, sind 600 mit dem SARS-COV-2-Virus Infizierte mehr als vor einer Woche eine unfassbar große Zahl. Besonders bedenklich ist, dass dieser Anstieg unter den Bedingungen einer angelaufenen Impfmaschinerie erfolgte und ab Montag schrittweise geöffnet werden soll.
Vor einigen Tagen wurde von einer Düsseldorfer Arzthelferin berichtet, die wissentlich mit einer der hochansteckenden Virus-Mutanten infiziert arbeiten ging und – Sie ahnen es schon - ebenfalls mit 600 Personen Kontakt gehabt haben soll, die man nun mühevoll versucht ausfindig zu machen. Wenn trotz Impfungen und noch unter Lockdown-Bedingungen die Zahl der Neuinfektionen wieder steigen, kann man ohne besondere mathematische Talente ausrechnen, wie lange es bis zum nächsten Lockdown dauert. Aber auch für Mathematik gilt, wie für so viele Dinge, die über lange Zeit als gut und richtig galten, dass nichts ewig währt...


So lernten wir vor drei Tagen in der FAZ: „2 + 2 ≠ 4“![1] Offensichtlich lösen sich in den USA die bisherigen Gesetze der Mathematik derzeit auf, weil mathematische Ergebnisse nun doch keine mathematischen Gesetze sind, sondern ein Zeichen „weißer Vorherrschaft“ und die Idee von 2 + 2 = 4 kulturelle Gründe habe, wie eine Studierende konstatierte. Deshalb forderte das Kultusministerium von Oregon die Lehrer auf, sich in Ethno-Mathematik weiterzubilden, damit sie lernen, dass die bisherigen eineindeutigen mathematischen Ergebnisse eben doch nicht richtig sind, sondern die Folge von Imperialismus und Kolonialismus. In dieser Fortbildung sollten die Lehrer nun lernen, dass in der Mathematik jede Aufgabe mindestens zwei Ergebnisse habe! Endlich!!! Ich habe es immer schon gewußt: wenn ich in der Schule eine fünf in Mathe hatte, lag das nicht daran, dass ich das nicht verstanden hatte, sondern der Lehrer nicht wusste, dass es immer zwei Lösungen gibt.


Ob unsere Abgeordneten das bereits wußten? Dann wäre es verständlich, warum bis gestern früh für die große Öffnung und das Ende des Lockdowns ein Inzidenzwert von 35 die Ultima Ratio war,  dieser jetzt aber ZWISCHEN 50 und 100 liegen kann. Kommt halt immer drauf an…


Für jemanden, dessen Stärke sich nicht im Mathematikunterricht gezeigt hat, ist die Numerologie ein interessantes Terrain. So nehmen wir am Ende der heutigen Betrachtungen den § 600 des Bürgerlichen Gesetzbuches, der die Mängelhaftung definiert. Dort heißt es: „Verschweigt der Verleiher arglistig einen Mangel im Recht oder einen Fehler der verliehenen Sache, so ist er verpflichtet, dem Entleiher den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“ Im Kontext von Corona geht es bei den finanziellen Hilfen teilweise um Verliehenes. Bei der Beantragung der ersten Corona-Hilfen im März/April 2020 gab es (noch) keine Rückzahlungsbedingungen und auch keinen Hinweis, das da etwas in der Mache ist. Diese kamen erst ins Spiel, nachdem die ersten Gelder längst geflossen und ausgegeben waren – zweckfremd, wie viele kleinere Unternehmen schon bald schmerzlich lernen sollten. Da stellt sich die Frage der Conditio-sine-qua-non und wie die Rückführung möglicherweise zu viel erhaltenen Hilfen unter den neuen mathematischen Bedingungen berechnet werden soll, wird gewiss eine heitere Angelegenheit. [Hierbei handelt es sich selbstverständlich weder um eine juristische noch steuerliche Betrachtung und auch soll weder den AOs des BTs noch dem Gesetzgeber Arglist unterstellt werden. Diese Überlegung dient lediglich der Demonstration, wie man mit Zahlen und Vergleichen umgehen kann].


Aber! Was kann man ernsthaft erwarten von Volksvertretern, die, wenn sie im Hohen Hause des Bundestages ans Rednerpult treten ALLE ihre abgenommenen Mund-Nase-Bedeckungen (vulgo: Masken) offenherzig und für jeden einsehbar auf dem Rednerpult ablegen, so dass den Betrachter bei längerer Verfolgung dieser Bundestagsdebatte, bei der es immerhin auch um die Abwehr der Pandemie und ihre Folgen ging, ein äußerst befremdliches Gefühl beschleicht, weil der Blick automatisch auf die auf dem Rednerpult offen gaffenden Masken gezogen wird? Das ist so dermaßen abstoßend, dass ich diesen Satz lieber nicht zu Ende denke. Abgeordnete, die noch nicht einmal den Mindestanstand wahren und ihre Schnodderlappen (vulgo: Masken) in ihren Jacken- oder Hosentaschen verbergen und sich vor den Augen der geneigten Öffentlichkeit ohne Mindestabstand in den Reihen miteinander unterhalten, beweisen spätestens mit dieser unappetitlichen Geste, dass sie weder die alte noch die neue Mathematik beherrschen.


Den Viren ist Mathematik indes egal. Da ist es ganz simple: wenn ein Infizierter einem Nicht-Infizierten begenet, ergibt das (ohne geeigneten Schutz und Immunität) gemäß Viren-Mathematik gleich zwei Infizierte. Und wenn ein Infizierter dann 600 Personen begegnet und diese 600 wiederum je 600 … dann ist ein Virus im Schlaraffenland. Das ist nicht das Ergebnis weißer Vorherrschaft, sondern Viren-Logik.


An dieser Stelle muss ich leider aufhören. Ich muss los und mir einen neuen Taschenrechner besorgen mit einer zusätzlichen Funktionstaste, die die „weiße Vorherrschaft“ herausrechnet. In meinen Statistik-Büchern aus dem Studium habe ich leider keine geeignete Formeln zur Berechnung dieser Abweichungen gefunden.
Haben Sie einen schönen Tag und bleiben Sie heiter!


P.S.: Weil die Zahl 600 wirklich schön und interessant ist, gab es natürlich auch 600.000 EUR Schmiergeld, pardon: Beraterhonrar für den Zuschlag zur Beschaffung der Masken.


[1] Heil, Christiane, 2 + 2 ≠ 4, FAZ, 02.03.2021, S. 8



Grün ist die Hoffnung
25. Februar 2021


Noch gibt keinerlei Erkenntnis, gesichert durch mittel- und langfristige Studien, in welchem Spektrum und über welche Dauer die im Schnellschuss aus dem Boden gestampften Impfungen tatsächlich wirken und schon gar nicht ist auch nur in ersten Ansätzen belegt, dass Geimpfte nicht nur nicht mehr erkranken, sondern, dass die Viren an ihnen abprallen und sie diese deshalb nicht mehr weitertragen.


Wie der amtierende österreichische Bundeskanzler auf die Idee kommt, Geimpfte mit einem neu zu schaffenden europäischen Impfausweis zu versehen, der sie berechtigt, wieder alles zu machen und das auch noch nach dem Vorbild des grünen Impfausweises Israels, das die Bekämpfung der Pandemie mit lupenrein autoritären, totalitären und diktatorischen Maßnahmen der Gesellschaft aufoktroyiert hat, ist nicht nachvollziehbar, aber für zwei Dinge ein sicheres Zeichen:


1. Kurz hat nicht wirklich verstanden, worum es bei Pandemien in Demokratien geht!
2. Das Ende freiheitlicher Demokratien westlicher Couleur aufbauend auf der Aufklärung ist ganz offensichtlich eingeläutet. Westliche Demokratien haben eine derart massive individuelle, persönliche Entwicklung und Entfaltung für die meisten ihrer Bürger mit sich gebracht, dass diese vor allem von jeder Eigenverantwortung freien Individuen diese Freiheit und Demokratie aus Überdruss heraus zerstören können, weil sich selber anzustrengen, auf die Bedürfnisse anderer zu achten und sie zu respektieren und sich dann auch noch eigenständig mit Fakten auseinanderzusetzen, auch wenn sie nicht dem persönlichen Empfinden entsprechen, offensichtlich eine Zumutung ist. Das ist der Anfang des Endes – wenn nicht ganz schnell noch ein Wunder geschieht.


So also auch an Sie die Frage, Herr Kurz:
Es gibt Impfprioritäten, nach denen die Alten und Vulnerablen zuerst geimpft werden. Wer sich in dieser Reihenfolge vordrängelt, soll mit einem Bußgeld von 25.000 EUR belegt werden. Wer also die Möglichkeit hat, die ansonsten zu vernichtenden Impfdosen, die niemand haben will, sich selbst oder anderen impfen zu lassen, die noch nicht auf dem Plan, aber willig sind, darf zahlen. Ein schlauer Plan unserer fein aufeinander abgestimmten und austarierenden GroKo. Schließlich ist unser Staatssäckel derart geschröpft, dass da dringend frisches Geld hinein muss. Welch Segen, dass soviele Bürger nicht mit einem bestimmten Serum geimpft werden möchten und Wegschmeißen dieses kostbarsten, unser Überleben sichernden Gutes wohl selbst die Deutschen in revolutionäre Höhen auftreiben würde.


Zur Frage: Was, bitte schön, sollen denn die nun geimpften Alten und Vulnerablen machen? Wohin sollen sie gehen mit ihrem die vollendete Freiheit garantierenden grünen Impfausweis? Endlich mal nach Ballermann reisen, weil dort gerade eine wohltuende Ruhe und keine Party ist? Die Anreise könnten sie nicht nur ökologisch 100% korrekt zu Fuß, Fahrrad oder Rollator vornehmen, nein sie müssten, denn: Fliegen oder Reisebus-Touren gehen nicht, weil die anderen ja noch Corona haben oder gefährdet, da nicht geimpft sind. Nun gut, die Geimpften könnten vielleicht noch selbst kochen, wenn das Alter und andere Erkrankungen ihnen das nicht verunmöglich. Das müssten sie denn auch tun, weil Restaurants weiterhin geschlossen sind. Im Zelt übernachten ist vielleicht nicht mehr so ganz ihr Ding, aber anders können sie nicht verreisen, da die Hotels ebenfalls noch geschlossen sind, denn deren Mitarbeiter stehen in der Impfprioritätenliste viel weiter hinten. Statt Museums- und Konzertbesuche könnten sie selbst malen und musizieren, vielleicht auf öffentlichen Plätzen, dann könnten all die anderen noch nicht Geimpften zumindest partiell kulturelle Genüsse und Ergüsse erheischen.


Theoretisch könnten Sie das auch selbst erkennen, oder Herr Kurz? Das sind Dinge, auf die kann jeder mit einem gesunden Menschenverstand kommen. Das hat nichts damit zu tun, ob jemand eine Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen hat, was bei Ihnen ja nicht der Fall ist. Aber Sie sind nun mit einem Amt betraut, an dem Menschen wachsen könnten, zumindest wenn sie Persönlichkeiten sind.


Und by the way: Nur selber denken macht schlau! Selber Denken ist indes etwas gaaaaanz anderes als ungefiltert die Äußerungen anderer oder einem durchs Gehirn schießende Ideen unreflektiert in die Welt zu blasen!


Bleiben Sie gesund, Herr Kurz, und lassen Sie uns bitte kurz wissen, wenn Sie geimpft wurden und auch, wie es ihnen danach und damit geht!



Summ summ summ
05. Februar 2021


In ein gar nicht so unbekanntes Land reiste dereinst ein den meisten unbekannter Mann. Wahrscheinlich per Schiffspassage, das Fliegen war noch nicht populär und nahezu unbezahlbar. Waldemar Bonsels war auf der Suche nach einer besseren Welt, denn die Nazis hatten ihren Worten ohne Zögern Taten folgen lassen. Nachdem sie gewählt in Amt und (ohne) Würden kamen und Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichkanzler ernannt wurde – in der fatalen Annahme, die braune Brut durch Einbindung besser kontrollieren zu können [!] – brannten nur vierzehn Wochen später am 10. Mai 1933 bereits die Bücher. Darunter die Autobiographie Waldemar Bonsels‘, in der er positiv über ein jüdisches Mädchen schrieb. So bedeutend Bonsels zu seiner Zeit auch war, wüssten wir heute kaum noch von ihm, wenn nicht eine kleine „Biene Maja“ durch die Welt summte, die er 1912 verfasst und ihn unsterblich gemacht hat. Es ist schon fast verblüffend, dass nicht auch die Biene Maja mit ihrem Drang nach Freiheit und dem Infragestellen des herrschenden Systems auf dem Index gelandet ist. Aber die braune Brut hat sich nicht durch feinsinnige Bildung ausgezeichnet, die auch zwischen den Zeilen zu lesen versteht.


Bonsels überquerte also den großen Teich. Zunächst, um auf einer Vortragsreise das gelobte Land Amerika in Augenschein zu nehmen, ob er dort leben könne. Laut Weidermann fand er das Land »abscheulich, technikgläubig und verkommen.«: »“Es gibt kaum etwas, das hier nicht rasch geglaubt und ebenso rasch wieder verworfen würde; es ist schwer, bei den Technikern dieser Kulte zwischen dem Aberglauben einer verbohrten Inbrunst und dem routinierten Geschäftssinn gewissenloser Ausbeuter zu unterscheiden.“« Bonsels kehrte daraufhin nach Deutschland zurück. Offensichtlich war es für ihn erträglicher, unter den Nazis zu leben als in Amerika.


Das ist für uns Heutige kaum nachvollziehbar. Gerade Amerika hat vielen Menschen das Überleben und einen Neuanfang ermöglicht. Es kann also nicht alles und jeder schlecht gewesen sein. Das von Bonsels beobachtete und beschriebene Verhalten der Amerikaner, etwas rasch zu glauben, wie zu verwerfen finden wir indes auch heute noch. Trump und die Stürmung des Capitols bleiben einprägsame Beispiele. Mit welcher Leidenschaft die USA andere Länder in Kriege stürtzen, natürlich zum Wohle der Bevölkerung vor Ort, und sich dann, wenn die beschrieenen Erfolge ausbleiben, zurückziehen und Zerstörung und failed states zurücklassen, ist in dieser Form einzigartig und erfordert wohl die vorgenannte Mentalität. Vietnam, Iraq und andere lassen grüßen.


Trotz all der Durchgeknallten bleibt Amerika ein interessant zu bereisendes Land und wer das im Moment nicht tun kann, dem sei zur Erheiterung des Gemütes die erneute Lektüre der Biene Maja ans Herz gelegt. Wer sich etwas genauer mit den Auswirkungen politischen und bürgerlichen Handelns befassen möchte, nehme sich „Das Buch der verbrannten Bücher“ von Volker Weidermann vor, der in sehr erhellender und bei aller Dramatik kurzweiligen Schreibe dieses dunkle Kapitel der Geschichte beleuchtet. Dort fand ich heute beim Wiederlesen die Geschichte des 'Vaters' der Biene Maja, die trotz aller Widrigkeiten, Krisen, Kriegen und Konflikten munter weiter durch die Welt summt und Frohsinn versprüht – sogar im arabischen Fernsehen, wie ich kürzlich mit Vergnügen feststellte.


Das ist posthume Friedensarbeit par excellence! Diese kleine Biene namens Maya zeigt mit Frohsinn, wie man bei Gegenwind stark bleibt, hinterfragt und immer neugierig auf alles bleibt. Das ist wahre Resilienz, wie sie in den kostspieligsten Seminaren nicht erlernt werden kann. Daran könnten sich – nicht nur – Politiker ein Beispiel nehmen, wie man haltbare Brücken zwischen Menschen, Völkern, Kulturen und Zeiten baut. Beide Bücher seien auch in besonderer Weise dem neuen US-Präsidenten ans Herz gelegt. Vielleicht hat er bei all seinen Aufgaben keine Zeit für gute Lektüre, aber immerhin hat er eine gebildete Frau an seiner Seite. Das allein schon lässt hoffen. Kann sie doch, wie das halt so ist in einer guten Partnerschaft, die Bücher lesen und ihm dann beim Sonntagsfrühstück darüber erzählen. Danke Her Weidermann, dass Sie uns daran erinnert haben!




Was Hamburg von Hong Kong lernen 

und von Hühnern übernehmen kann:
01. Februar 2021


Der Rat der Europäischen Union erbarmte sich 1999 der Legehennen und verbot deren Haltung in konventionellen Käfigen ab 2012[1]. Ihnen stehen nun größere Käfige zu, was gut und richtig ist, Tiere brauchen Platz für das Wohlbefinden.


Für Menschen gilt jetzt Gegenteiliges, zumindest in Hamburg-Nord. Der dortige Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz, Mitglied der Grünen, hat den Neubau von Einfamilienhäusern verboten! Jawohl – Sie lesen richtig: Der Bau neuer Einfamilienhäuser ist jetzt im Bezirk Hamburg-Nord verboten, weil Einfamilienhäuser zu viele Ressourcen verbrauchen und auf derselben Fläche viel mehr Leute leben könnten[2], was ökologisch, CO2- und sonst wie sinnvoller ist. So wurde es 2020 im Koalitionsvertrag der Grünen und SPD vereinbart, da die Fläche für Wohnraum immer knapper und teurer wird. Mathematisch und physikalisch stimmt es, dass, bringt man auf hundert Quadratmetern 10 Leute unter, neun Mensch mehr Platz auf derselben Fläche finden, als wenn nur einer dort lebt. Auch wird weniger Heizenergie verbraucht: je mehr Menschen, desto wärmer! Man braucht nur noch einen Telefon- und Internetanschluss, eine Hausratversicherung, Shampoo, Spülmittel und Pasta können in Großgebinden gekauft werden. Vielleicht sollte das Verbot des Neubaus von Einfamilienhäusern ergänzt werden mit einem Erlass, dass je Haus maximal ein Auto für alle zugelassen sein darf. Man darf gespannt sein, wie lange die Konsumgüterindustrie sich das gefallen lässt…


Kommunismus, Sozialismus, Totalitarismus, Autokratien oder Kleptokratien haben alle eine schlaue Idee (abhängig von der Seite des Betrachters): Die Abschaffung des Eigentums, der Individualität, Freiheit, Bildung und des Verstandes. Die Umerziehung der Menschen zu funktionierenden Arbeitsobjekten, die, sofern sie Glück haben und gut angepasst sind, immerhin das notwendigste zum Überleben erhalten. Alles andere wird gebraucht, damit die Häuser, Autos, Flugzeuge, Yachten und Wälder der Oligarchen und Herrschenden um so größer sein können. Gesamt gesehen verbrauchen diese doch weniger Fläche, als wenn man dem ordinären Pöbel gestattet, sich Eigenheime mit Garten zu bauen.


China wird gerne für seinen blühenden Kapitalismus gerühmt, für den es dort auch nicht das lästige Instrument der Demokratie braucht. Es lohnt also ein Blick in das Land der aufgehenden Sonne. So gibt es in Hong Kong die sogenannten Cage-People. Cage-People sind Menschen, deren Zuhause ein Käfig ist in Häusern mit vielen Räumen, in denen wiederum viele Käfige sind, in denen die Bewohner auf ungefähr zwei Quadratmetern leben, übereinander, nebeneinander, soviele halt eben reinpassen.[3]


Möglicherweise haben die Grünen und Sozis in Hamburg davon noch nichts gehört. Aber es könnte ein Modell sein, mehrere Probleme auf einmal zu lösen: zur Gewinnung von Wohnraumfläche könnten die nun für die Legehennen nicht mehr erlaubten, weil zu kleinen, Käfige einer neuen Verwendung zugeführt werden und Langzeitarbeitslose bekämen eine sinnvolle Beschäftigung. Mit dem Ziel der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt machen diese einen Ein-Euro-Job, in dem sie z.B. je zwanzig der nicht mehr gebrauchten Hühnerkäfige neu zusammenschweißen, in denen dann nach chinesischem Vorbild je eine Person, aber gemeinsam mit anderen in einem Raum, wohnen kann. Dafür werden die Ein-Euro-Jobber zuvor mit einen Crash-Kurs in Schweißen beglückt, so haben auch Bildungsträger neue Aufträge und die Kosten der Entsorgung alter Käfige werden gespart. Gibt man dann noch ein wenig Glückshormone ins Trinkwasser, werden die Bürger es phantastisch finden, auf ihrem  rot-grünen Wolkentraum zu schweben.

Nun bin ich kein Ökonom und habe auch nur aus Interesse vier Semester Volkswirtschaft studiert, aber mir scheint, man könnte bei der Umsetzung dieses Planes von einer Win-Win-Situation sprechen. Und der Bezirksamtsleiter in Hamburg-Nord, der wohl ein angemessenes Salär haben wird, hat dann, wenn die „nutzlose Masse“, wie Harari sie in Homo Deus nennt[4], ökonomisch und ökologisch effektiv, effizient und ressourcenschonend eingepfercht und beschäftigt ist, genügend freie Fläche für sein eigenes EFH, das ihm natürlich zu steht, weil er ja ein wichtiger Mann ist.


Zur Wahrung des sozialen Friedens und zur Gewährleistung von Fairness und Gerechtigkeit gäbe es ein weiteres Instrument zur eigenverantwortlichen Steuerung eines Vorrechtes auf Immobilienbesitz: wieder lernen wir von China und kreditieren das soziale Verhalten der Bürger. Gehen sie bei rot über die Ampel, gibt’s Abzug, ebenso, wenn der Müll nicht richtig entsorgt ist, man seine Steuern nicht pünktlich bezahlt, falsch parkt, kein Fit-Bit nutzt und anderes mehr. Bei Erreichen einer maximalen Punktezahl hat man das Anrecht auf die Option, in ein Auswahlverfahren zu kommen, über das, wenn man Glück hat, man ein Grundstück erwerben und bebauen darf. Dieser Prozess dauert in der Regel jedoch so lange, dass man wahrscheinlich erst am Ende eines Lebensweges zu Wohn-Eigentum kommt, das dann allerdings 1,80 tief und nur noch einen Meter breit ist! Wenn die in beengten Räumlichkeiten zusammengequetschten Trauernden dann die Verblichenen an ihrer letzten Heimstätte besuchen, haben sie immerhin die Möglichkeit, an einem ruhigen, gediegenen, schön begrünten Ort endlich richtig durchzuatmen und bei der Grabpflege ein wenig Erholung zu erfahren und von besseren Zeiten zu träumen.


Es ist perfide, dass der Hamburg-Nord-Bezirksamtsleiter auf Facebook den Ohlsdorfer Friedhof liked, während er den Lebenden das Recht auf ein EFH versagt. Liebe Hamburger, versteht mich bitte nicht falsch! Der Ohlsdorfer Friedhof ist ein kulturhistorisches, architektonisches, landschaftliches Kleinod, auf dem ich gerne spazieren gehe, weshalb mir auch der Raum je Grab und Gruft bekannt ist - woran auch niemand rütteln soll. Schließlich garantiert nicht zuletzt unsere Grundgesetz die Würde des Menschen über den Tod hinaus. Es wäre halt nur nützlich für den Fortbestand freier, demokratischer Gesellschaften, wenn gelegentlich auch die Würde des (lebenden) Menschen berücksichtigt wird. Gerne auch NACH den Hühnern und dem nun von FDP gemeinsam mit den Grünen vorgeschlagenen Selbstbestimmungsgesetz, mit dem dann ab dem vollendeten vierzehnten Lebensjahr jeder jährlich neu entscheiden können soll, ob er rechtlich als Mann oder Frau betrachet werden will, wofür unabhängig der biologischen Geschlechtsmerkmale eine Erklärung beim Standesamt reicht[5]…


Sollte dieser Entwurf dereinst gültiges Recht sein, müsste allerdings noch mal überlegt werden, ob oder wie man ggf. eine Trennung der Käfige nach Geschlechtern organisieren muss und ob sich der Eigentümer der Käfige möglicherweise strafbar macht, wenn die Käfige nicht unisex und die Klos für alle sind.


Wie sagte einst die prominente chinesische Vertreterin für ein demokratisches China Tienchi Martin-Liao zu mir: „Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient.“
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Schluss mit dem Gegacker.


[1] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:31999L0074&from=DE
[2] https://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-nord/article231449729/Keine-Einfamilienhaeuser-mehr-fuer-Hamburg-Nord.html
[3] Siehe dazu z.B. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/armut-in-hongkong-der-kaefig-als-letztes-zuhause-1858608.html
[4] Harari, Yuval Noah, Homo Deus. Eine Geschichte von Morgen, München 7. Auflage 2017, S. 440
[5] Siehe dazu FAZ vom 29.01.2021 „Die Überwindung des Fleisches“ von Thomas Thiel




Fänchen im Wind
20. Januar 2021


Die heutige Inauguration des praktizierenden Katholiken Joseph Robinette "Joe" Biden Jr. zum 46. Präsident der USA wird wohl in besonderer Weise in die Geschichte eingehen. Fähnchen - im Winde flatternd -  stellvertretend für Bürger, die hoffentlich nicht wie Fähnchen im Winde flattern, werden von dem wohl höchsten Sicherheitsaufgebot ever geschützt, wenn sie dem neuen Präsidenten während der Zeremonie zuwehen.


Fast prophetisch klingen heute die etwas martialischen Worte während seiner Nominierungsrede von der Schlacht, dem Kampf (battle) um die Seele Amerikas und seine Bitte an Gott, die Armee zu schützen!


Die Freude aller, die froh sind, dass dieses widerwärtige, demokratiezersetzende Trumple-Tier endlich aus dem Amt ist, sollte nicht über den wahren Zustand Amerikas und der geistigen und moralischen Verfassung seiner Bürger hinwegtäuschen - und auch nicht über die Geisteshaltung des in wenigen Stunden neuen Präsidenten, der seine Nominierungsrede am 21. August 2020 mit einem Zitat der Bürgerrechtlerin Ella Baker begann: "Gib den Menschen Licht und sie werden ihren Weg finden". Darauf aufbauend verkündete Biden, dass er ein Verbündeter des Lichtes, nicht der Dunkelheit sein werden, wenn man ihm die Präsidentschaft anvertraue.


"Ella Baker, a giant of the civil rights movement, left us with this wisdom: Give people light and they will find a way. Give people light. Those are words for our time. The current president has cloaked America in darkness for much too long. Too much anger. Too much fear. Too much division. Here and now, I give you my word: If you entrust me with the presidency, I will draw on the best of us not the worst. I will be an ally of the light not of the darkness. It's time for us, for We the People, to come together. For make no mistake. United we can, and will, overcome this season of darkness in America. We will choose hope over fear, facts over fiction, fairness over privilege."


Und Biden schloss seine Nominierungsrede mit den Worten: "May God protect our troops." Möge Gott unsere Armeen schützen!!! Bleibt zu hoffen, das dieser herbeigebetete Schutz wirkt und diese von Gott beschützten Truppen heute die Fähnchen im Winde und natürlich auch das Weiße Hause und alle Menschen schützen.


Viel Glück und Gottes Segen für ihr großes und schweres Amt, Mister President!




Mars macht mobil...
17. Januar 2021


So begann einst ein Werbejingle für einen Schokoriegel. Möchte jemand diesen Schokoriegel kaufen, klingt das schnell wie "ein Maas bitte". Das r ist in der Aussprache durch ein gedehntes a ersetzt.


Der Verzehr eines Schokoriegels -mit ar- treibt die Insulinausschüttung in die Höhe, was kurzfristig die Leistungsfähigkeit steigert (was die Werbung als Mobilisator anpreist), um dann um so stärker abzufallen (wie der Mediziner weiß).


Der derzeitige deutsche Außenminister würde auch gerne mobil machen. Heiko Maas -mit aa- bläst erneut seine Ideen in den politischen Orbit, dass es dem geneigten Bürger ebenfalls die inneren Ausschüttungen in die Höhe treibt.


Titelt noch die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 03. Januar 2021 "Kein Vorrecht für Geimpfte" und zitiert damit aus einem Gespräch mit dem NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet, fühlt sich Maas mal wieder zu Höherem berufen und will, nach Laschets Kür zum künftigen CDU-Vorsitzenden, den Geimpften Privilegien einräumen, die ihnen jetzt auch wieder zu stünden, wie zum Beispiel die Besuche von Restaurants und Kinos.


Nun gut. Nur weil jemand auch das zweite juristische Staatsexamen abgelegt hat, heisst das weder, dass das automatisch zu einem demokratischen Rechtsverständnis führt und schon gar nicht, das man Gesellschaft und betriebswirtschaftliche Belange versteht.


Grundsätzlich ist ja fraglich, warum man mit dem Impfen eines nicht erprobten Impfstoffes ausgerechnet bei den über 80-Jährigen beginnt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt... Moralisch lässt sich das politisch gut präsentieren: seht her, wir kümmern uns um die Vulnerabelsten. Aber wie sinnvoll ist das, wenn man eben nicht die Absicht hat, die Ü-80-Jährigen als Versuchskaninchen zu missbrauchen? Es wäre zum Erhalt der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und des sozialen Friedens wohl zwingend geboten gewesen, zunächst das ganze Krankenhaus-, Pflegeheim-, Arztpraxenpersonal und IT-Experten durchzuimpfen, die Polizei und Feuerwehr und andere Sicherheitskräfte, dann die Verkäufer, Zugbegleiter, Handwerker und Lehrer. Danach hätten alle Schüler geimpft werden müssen, die sich in zu großer Zahl noch am Wenigsten um das richtige Coronaschutz-gerechte Verhalten bemühen. Dadurch wären auch jene erheblich besser geschützt in Krankhäusern und Heimen sind.


Herr Maas, möglicherweise ist Ihnen nicht bekannt, dass die Ü-80-Jährigen nicht zu der Klientel gehören, die durch ihr Konsumverhalten Restaurants, Kinos und wer weiß, welche Etablissements Sie noch so im Hinterkopf hatten, am Laufen halten. Und was sollen die frisch-geimpften Ü-80-Jährigen dann in den Restaurants und Kinos machen? Selber kochen, putzen, Filme abspielen und sich das Popkorn selbst zubereiten? Diejenigen, deren Job es ist, die üblichen Aufgaben zum Betrieb eines Restaurants oder Kinos auszuführen, sind nach gegenwärtiger Planung voraussichtlich überwiegend erst im Sommer mit der Impfung an der Reihe.


Dass, was Sie, Herr Maas mit diesem blamablen Einwurf erreicht haben, ist, dass der Volkszorn hochkocht, ähnlich wie die Bauchspeicheldrüse nach dem Verzehr eines Ihrem Namen ähnlichen Schokoriegels.




Corona wird's richten!?
02. Oktober 2020


Der vormalige Corona-Leugner hat einen Befund: Er ist positiv – nicht in seiner Geisteshaltung und Gemüt. Aber ein Labortest ergab laut eigenem Tweet bei ihm und seiner Frau einen positiven Covid-19-Befund.


Das zwitscherte zwar über seinen Account, aber wer weiß das schon so genau. Vielleicht haben böse Mächte sein Twitter-Konto übernommen und verbreiten diese Nachricht, um ihm zu schaden?


Er könnte auch von seinem Gegner in der Wahl um das höchste amerikanische Staatsamt infiziert worden sein, damit er die Wahl verliert?


Sollte Trump in vier Wochen die Wahl nicht gewinnen, seine erbärmlichen, abstoßenden Versuche, die Briefwahl als im höchsten Maße unzuverlässig zu deklarieren und dementsprechend zu erwartenden Klagen vor dem Supreme Court abgewiesen werden, obgleich er diesen jüngst nach seinem Gusto besetzt hat, dann, ja dann ist klar, warum er verloren hat: es war Corona! Die ihm in vernichtender Absicht zugeführten Covid-19-Viren hinderten ihn daran, sein ach so „great“ Potential voll auszuschöpfen.


Wahrlich, ich wünsche niemandem etwas Schlechtes, auch einem Donald Trump nicht, aber sollte sein unsägliches Mundwerk dadurch mal ein wenig ausgebremst werden, hätte die Welt endlich eine Atempause. Die erste Wahlkampfdebatte war so erschütternd unwürdig, dass man nur hoffen kann, dass dieses kleine Virus etwas schafft, das all seine Berater nicht vermochten: dass er Joe Bidens Rat endlich folgt – und die Klappe hält, zumindest für eine Weile.


Und die unsäglichen Tweets, wie er erfolgreich als größter Held nicht nur unserer, sondern aller Zeiten überhaupt, dieses tödliche Virus erfolgreich bekämpft hat, kennt man schon, bevor er sie überhaupt getwittert hat.


Auch das sind wieder nur Gedankenspiele, die als Übung das Hirn elastisch und den Verstand wachhalten. In diesem und im wahrsten Sinne gute Besserung nach Amerika!




What and how even a president can and has to learn
A letter to Donald Trump in response to your dreadful statement to the UN-General Assembly on 22 September 2020

To Donald Trump:

Sir, you have to forgive me that I do not use a title or any form of address. But, I have to confess that it is impossible for me to address you. Of course, there is no reasonable chance that you will ever read my note. Not because I am not that important, but it is well known that you do not read.


Ever since you are in charge as head of state of America, I was asked from time to time to give a speech about your presidency. But so far I have refused to do so. I never meant to waste a single second with you either. Currently I prepare a lecture about the next US-election in November 2020. Initially, I planned to talk about the American political system, the global impact, the disastrous situation of unemployment, missing of a working public health insurance, rotten infrastructure, the excess indebtedness of $ 22 trillion, and the trace of havoc you left.


But then, unfortunately, after all it was no longer avoidable to be occupied with you. And now it is worthy and the right thing to do. Not because of you! It is my duty to do the more I learned about your dishonourable, embarrassing behaviour. I read reports and books of former staffs of yours and analyses of scientists, in total about 2000 pages plus articles in newspapers and magazines while and about the period of your presidency. It was disgusting to read all your ugly, nasty, devastating actions and decisions. So horrible! Incredible! Unthinkable!


I know, you do not understand history, and you are free from any interest in it. Nevertheless, I tell you: once upon a time…. in 1983… there was a German MP who was at first a taxi driver and later became foreign minister. When he was a young MP he said to the president of the German parliament: “Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch” – “With all due respect, Mr. President, you are an asshole”. Even at those days it was whether polite nor common to name any president in public coram publicum like that, and so it is even today. But once in a lifetime one has to say the unsayable: He could have meant you! Unfortunately, my upbringing taught me to behave better. But at the end, I am sure that you wouldn’t mind at all. No, better: certainly you would understand it right if someone would call you an “a..h..e”. It was eventually you yourself who brought back the ungentlemanly, offending tone to the stage.


Nevertheless: with my Christian upbringing I learned to do good to everybody and not to pay it back in the same way. So, I want to try it with an advice: All of us know that you love to watch TV and each of us learn on its own way until one finds his teacher. Perhaps you should watch the lovely film Paddington Bear. [You should choose the edition with the fabulous Hugh Bonneville, who is funnily even born in London district Paddington!] There you could learn from Paddington’s aunt Lucy: “Be gentle and polite and your day will be alright."


Even it was not possible for me to address you in a polite way at the beginning, at least at the end it brings me to a good wish to you, Mr Trump: I wish to you the pleasure of watching the film Paddington Bear, and - en passant - to learn from him and his aunt Lucy.
Maybe then your words will come true and the world is going to become more peaceful and better. And then not just your day will be alright. That is my wish to you - and to the world.

Yours sincerly


22nd September 2020




Vom Rinder-/Wahnsinn und anderen armen Schweinen
29. September 2020


Mit der Corona-Pandemie brechen an vielen Stellen Schwachpunkte unserer Gesellschaft auf. So kamen in einer Großschlachterei miserable, menschenverachtende Arbeitsbedingungen ans Licht. Einen des Denkens fähigen Bürger überrascht das nicht. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zieht gegen diese Zustände nun ins Feld, indem er den Werkverträgen in der verarbeitenden Fleischindustrie den Garaus macht. Das ist begrüßenswert. Aber ob das dauerhaft zu besseren Bedingungen für Mensch und Tier führt?


Das Wohl und Weh beider interessiert entgegen besseren Wissens nur Wenige und schon bei Kohelet heißt es: Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Deshalb bleibt anzunehmen, dass es auch in diesem Falle wieder so sein wird wie immer: ist das Thema dem öffentlichen Fokus entschwunden, werden die üblen Machenschaften der Fleischindustrie mit anderen dubiosen Konstrukten weitergehen. Sie könnten den wahrhaft unverschämten Zwang einer Regierung zum Arbeitsvertrag plus Mindestlohn aushebeln, in dem die Mitarbeiter, wie in dem ebenso pervertierten Reinigungsgewerbe Miete für die von ihnen genutzten Putzgeräte zahlen müssen.


Da für gewöhnlich Arbeitnehmer in dieser prekären, perfiden Jobindustrie keine Steuererklärung machen, können sie diese Materialnutzungsausgaben auch nicht über die Steuer absetzen und umgekehrt werden die Finanzbeamte nicht darauf aufmerksam, dass hier möglicherweise ein signifikantes Missverhältnis entstanden ist.


Wirklich wirksam zur dauerhaften Abschaffung dieser unfassbaren Zustände ist nur das Konsumverhalten aufgeklärter, achtsamer und wachsamer Verbraucher, mit dem sie der Industrie wie der Politik in die Feder diktieren, was wirklich gewollt und gebraucht wird. Und da haben wir es wieder: es dreht sich immer um Bildung.


Spätestens 1996 wurden wir alle auf die Problematik aufmerksam, dass es sich bei der Aufzucht und Haltung von zum Verzehr gedachter Tiere nur noch um einen in der Fabrik produzierten Artikel und nicht länger um lebende Geschöpfe handelt. In Deutschland hieß das Problem schlicht BSE. Im Englischen hieß die bovine, spongiforme Enzephalitis (BSE)  plastischer mad cow disease – verrückte Kuhkrankheit. In der Folge verzichteten viele Verbraucher auf den Verzehr von Fleisch, zumindest dem industriell hergestellten und Bio-Bauern erlebten ihren ersten großen Boom.


24 Jahre später soll nun ein Gesetz die unsäglichen Werkverträge in der Fleischindustrie unterbinden, über die Arbeiter unter üblen Bedingungen als Solo-Selbständige knechten. Künftig sollen sie Anspruch auf einen regulären Arbeitsvertrag haben, mit monatlich bezahlter Kranken- und Rentenversicherung, bezahlter Urlaubszeit, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Kurzarbeit. Weiterbildung, Zusatzqualifikationen, Corona-Tests, Anspruch auf VWL und andere Zusatzleistungen - alles möglich mit einem festen Arbeitstrag. Und kein Angestellter muss die Aufträge für seine Arbeit selbst akquirieren. Das heißt zum Beispiel im Falle des Mitarbeiters einer Fleischfabrik, dass er nur schlachten, nicht aber die zu schlachtenden Tier erst produzieren und zur Schlachtreife aufziehen muss.
In Sonntagsreden verkündet jeder, dass möglichst wenig Menschen in schlechten Arbeitsverhältnissen ihr Dasein fristen sollen. Dafür sei Bildung die Voraussetzung, unsere letzte Ressource, von der unsere Zukunft für das Individuum wie die Gesellschaft abhänge. Dem kann man nur uneingeschränkt zustimmen.


Deshalb ist es verblüffend, geradezu perfide, dass im Bereich der Bildung ein Großteil der Unterrichtenden zu derart prekären Konditionen arbeiten müssen, neben denen die Mitarbeiter der Fleischindustrie vergleichsweise noble Bedingungen haben. Nein, es geht nicht um die bedauernswerten Lehrer, die wahrscheinlich schon im ersten Semester einen Leistungsnachweis erbringen müssen, wie man am hörbarsten über unzumutbare Arbeitsbelastungen stöhnt.


Gemeint sind die ungezählten Dozenten, die an Akademien, Instituten, Universitäten und sonst wo für Honorarsätze arbeiten (müssen), neben denen die Löhne in der Fleischindustrie üppig sind. Das klingt verblüffend, ich weiß, unglaubwürdig auf den ersten Blick. Aber tatsächlich erhalten viele, die mit ihrer Arbeit und Expertise andere befähigen sollen, den prekären Lebensbedingungen zu entkommen, Honorare zwischen 10,00 und 22,00 EUR/h. Wer darüber liegt, hat schon fast den Jackpot. Aber das ist es nicht allein!

Dozenten-Honorare sind Brutto-Brutto-Brutto-Einnahmen. Das heißt:
1. kein Arbeitgeberanteil zur Kranken- und Rentenversicherung
2. keine Lohnfortzahlung im Falle von Krankheit
3. fällt der Unterricht aus, wird kein Honorar gezahlt, egal wie viel Vorbereitungszeit und Ausgaben für Vorbereitungsmaterial bereits geleistet wurde - und Fachliteratur ist teuer!
4. wird ein Institut wie bei Corona oder aus anderen Gründen geschlossen, gibt es kein Geld - auch kein Kurzarbeitergeld. Aber Jobcenter soll gar nicht so schlecht sein - behaupten jene mit den gutdotierten, kündigungsresistenten Festanstellungsverträgen
5. Unterrichtsvorbereitung wird nicht vergütet, sondern ist im Honorar inkludiert
6. keine Lohnfortzahlung im Urlaub oder an Feiertagen
7. kein Weihnachts- oder Urlaubsgeld, keinerlei Gratifikation, es wird auch nicht zum Geburtstag gratuliert
9. Bekommen angestellte Mitarbeiter bspw. bei kooperierenden Autohäusern einen Rabatt, gilt das nicht für "die Freien", wie sie despektierlich von den Festangestellten genannt werden
10. keine bezahlte, zur Verfügung gestellte Infrastruktur. Angestellte haben einen mit allem für die Arbeit Erforderlichen ausgestatteten Arbeitsplatz, für dessen Nutzung sie nicht zahlen. Schreibtisch, Schreibtischstuhl, mit Anspruch auf Ergonomie, Computer samt Software, Drucker, Telefonanlage, EDV-Abteilung und Haustechnik, die installiert, repariert oder austauscht, Druckerpapier, Stifte, Aktenordner, Briefumschläge, Porti - alles bezahlt. Genauso wie alle anderen für die Durchführung der Arbeit notwendigen Materialen und Mittel.


All das bekommen (freie) Dozenten nicht. Sie müssen ihren Schreibtisch samt Stuhl und der kompletten technischen Ausstattung von ihrem beschämend niedrigen Honorar bezahlen, ebenso wie Strom und Heizkosten. Aktuelle Fachliteratur ist für Dozenten ein wichtiger Teil der Arbeitsvorbereitung, dessen Finanzierung indes kaum möglich ist und den Rest gibt einem das Finanzamt mit unsäglichen Debatten über den Nachweis, dass die erworbenen Güter auch tatsächlich für die Ausführung der Arbeit genutzt werden. Und nebenbei werden die nächsten Aufträge akquiriert, die immer häufiger nur noch unter der Bedingung vergeben werden, ein noch niedrigeres Honorar zu akzeptieren. Eine Honorarerhöhung im Verhältnis zur Lohn- und Kostensteigerung hat wohl noch kaum ein Dozent erhalten.

Da mag der geneigte Leser sich denken, dass die Vorbenannten doch angestellt arbeiten sollten und es selbst schuld sind, wenn sie die vermeintliche Freiheit vorziehen. Das ist ein böswilliger Irrtum. Lehrkräfte werden immer seltener angestellt. Es geht ja auch so, nur halt viel billiger für den Arbeitgeber! All das hat sich um ein Vielfaches verschärft, seit Bildungs-Institute die Sorge haben, dass jene, mit denen sie länger zusammenarbeiten Ansprüche auf eine Festanstellung erheben könnten. Auch deswegen hat kaum ein Dozent eine Auftragslage, die einer Vollzeitstelle entspräche.


Lassen Sie uns einen optimalen Fall durchexerzieren:

Ein Dozent hat das (unwahrscheinliche) Glück, jeden Tag 8 Stunden unterrichten zu können. Also 160 Stunden im Monat. Wir wollen ein wenig übertreiben und ein großzügiges Honorar von 20,- EUR zugrunde legen. 160 x 20 = 3.200, die in diesem (unwahrscheinlichen) Fall in Euro auf dem Konto unseres Dozenten laden würden.

Davon, weil wir ja positiv drauf schauen wollen, ziehen wir nur Mindestbeiträge ab: 20% für die Steuern = 640,00 EUR, 14 % gesetzliche Krankenversicherung 448,00 EUR. Jene, die ihr Wissen verkaufen, sind rentenversicherungspflichtig. Also sind 579,39 EUR für den Regelbeitrag fällig. Summa summarum 3200,00 - 640,00 - 448,00 - 579,39 = 1532,61 EUR. Davon müssen Bürokosten, Telefon, Internet, Computer, Papier, Arbeitsmittel, Fachliteratur, Fahrtkosten, Berufshaftpflicht-, Unfall- und gesetzliche Pflegepflichtversicherung und vieles andere mehr gezahlt werden. Da wir das Beispiel eines besonders Glücklichen rechnen, unterstellen wir dafür (nicht ausreichende) 500,- EUR im Monat.


Ist derComputer kaputt, beginnen gravierende Probleme. Gemeint ist nicht der private Computer für vergnügliche Momente, sondern das notwendiges Arbeitsgerät, wie es jeder Angestellten kostenfrei an seinem Arbeitsplatz zur Verfügung hat. Von den Honoraren ist Rücklagenbildung ausgeschlossen und eine Finanzierung ebenso. Als Honorarbezieher, auch mit guten Honoraren, gelten Sie als nicht liquide. Es könnten schhon morgen keine Aufträge mehr kommen und der nächste Schritt wären die Bezüge  über das Jobcenters, wovon eine Tilgung nicht zu leisten ist. Dass das für jeden Arbeitnehmer, außer die Beamte, genau so gilt, ist irrelevant - die Banken würden andernfalls einen erheblichen Teil ihres Geschäftes verlieren. Immerhin haben Angestellte bei Arbeitsplatzverlust noch 12 bis 18 Monate Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.


Zurück zu unserem Glückspilz, dem vom Umsatz nach Abzug der Kosten noch 1000 EUR bleiben, mit denen Miete, Lebensmittel und Klopapier zu bezahlen sind. Wer da keine Partner, ein Erbe oder sonstiges Vermögen zur Existenzsicherung hat, hat weniger Geld als jeder Schlachthofmitarbeiter und ist unterhalb der Armutsgrenzen. Zusätzlich müssen von den 1000 EUR Gewinn Rücklagen gebildet werden für honorarfreie Zeiten wie Urlaubs- oder Feiertage. Das bei diesem üppigen Salär nicht verreist wird, versteht sich. Sollte ein Fahrrad vorhanden sein, darf dieses aber keinen neuen Reifen brauchen, sonst gibt es keine Radtour - so einfach ist das. Spazieren gehen ist gesund und läuft man im Idealfall barfuß, spart das das Geld für Schuhe und Schuster. Und viele große Gedanken kamen beim Spazieren... Die braucht man auch, da der zu leistende Unterricht vorbereitet werden muss. An der Uni bekommt man immerhin je Semesterwochenstunde noch je eine Stunde Vor- und Nachbereitung vergütet. Ausseruniversitär wird das nicht bezahlt, resp. ist im Honorar inkludiert. Warum auch sollte es dafür Geld geben? Es ist doch eine großartige Beschäftigung für jemanden, der ohnehin kein Geld hat, in seiner arbeitsfreien Zeit etwas zu unternehmen, das mit Kosten verbunden sind...


Das deutsche Bildungssystem folgt schon lange nicht mehr dem humboldtschen Bildungsideal, sondern hat sich zu einem knallharten Business entwickelt. Immer mehr Ausbildungsbereiche werden von betriebseigenen Ausbildungsgängen mit gut bezahlten Lehrkräften an Akademien ausgelagert. Wenn Sie beispielsweise Lokführer oder Zugbegleiter bei einem privaten Verkehrsunternehmen werden möchten, ist Arbeitslosigkeit Einstellungsbedingung, weil Sie einen Bildungsgutschein (20.000 EUR bei Lokführern) benötigen, den sie nur vom Arbeitsamt oder Jobcenter erhalten, um die entsprechende Qualifizierung zu erwerben, natürlich an einer Akademie. Sämtliche Bildungsmaßnahmen müssen ausgeschrieben werden. Aber Kommune, Land, Bund oder EU entscheiden nicht nach Qualität der Lehre, sondern nach Prokopfpreis je Teilnehmer. Also erhält der Billigste den Zuschlag.


In der deutschen Sprache gibt es aus gutem Grund den Unterschied zwischen den Begriffen preiswert und billig. Preiswert ist etwas dann, wenn es seinen Preis wert ist und das kann durchaus bedeuten, dass etwas teurer ist, als der billigste Anbieter vorgaukelt. Einen billigen, statt einen preiswerten Bildungsträger zu wählen ist am Ende für die gesamte Gesellschaft erheblich teurer. Nicht gut gebildete Bürger haben in der Regel weniger qualifizierte Jobs, bleiben weiter oder immer wieder von Sozialleistungen abhängig und nehmen schlechtere Arbeitsverträge hin.


Hier schließt sich der Kreis. Wenn die mit der Bildung Beauftragten weniger verdienen als Mitarbeiter eines Schlachtbetriebes, ohne deren Absicherung, dafür mit permanentem Existenzrisiko, solange also (hochqualifizierte!) Dozenten weiterhin Werkverträge erhalten, während am Schlachthof, wenngleich auf niedrigem Niveau, zumindest die Existenz gesichert ist, wird die Gesellschaft immer weiter auseinanderdriften. Zur Zeit wird des dreißigjährigen Mauerfalls gedacht. Da zwingt sich der Vergleich mit dem früheren Ostblock auf, in dem die verpönte Intelligenzia der Universitäts- und andere Dozenten und Lehrer weniger verdiente als ein Taxifahrer.
Marode, kleptokratische und totalitäre System der Selbstbereicherung meiden echte Bildung wie der Teufel das Weihwasser. Möglicherweise hat die BSE in den 90er Jahren nicht nur die Hirne der Rinder in den Wahnsinn getrieben, sondern viel mehr menschliche Gehirne angenagt, als man bisher weiß. Wer weiß das schon so genau... Es wäre eine logische Erklärung für die gegenwärtigen Absurditäten. Mit einem gesunden, gebildeten menschlichen Verstand wäre der aktuelle Wahnsinn wohl eher nicht möglich!
Nun ja: solange jemand, der nachdenken kann noch nachdenken darf und das in aller Öffentlichkeit, ist er weder krank noch das System kaputt oder die Freiheit perdu! Aber genau darauf wird es hinauslaufen, wenn wir nicht zügig Kants Aufforderung folgen: SAPERE AUDE!




Wiedervereinigung und Deutsche Einheit?
Gedanken zum 30. Jahrestag

03. Oktober 2020


Nun zelebrieren wir schon zum 30. Mal die deutsch-deutsche „Wiedervereinigung“. Dumm nur, dass es keine Wiedervereinigung gibt. Sie hat sich im Sprachduktus eingebürgert und das ist durchaus gewollt und richtig. Wären BRD und DDR 1990 tatsächlich wiedervereinigt worden, hätte sich eine gemeinsame Bundesrepublik Deutschland wohl anders entwickelt. Eine „Wiedervereinigung“ im juristischen Sinne schien den damaligen Akteuren zu riskant.
Die Mütter und Väter des Grundgesetzes hatten 1949 dort im letzten Artikel 146 dem deutschen Volk in die Agenda geschrieben: „Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ Die Bezeichnung der deutschen Verfassung als Grundgesetz und die Begrenzung seiner Geltungsdauer bis zu einer freien Abstimmung vom deutschen Volke, sollte seine Vorläufigkeit und die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung betonen.


Bei einer gemeinsamen Abstimmung über das Grundgesetz wäre zu Vieles in Frage gestellt und nicht widerspruchslos akzeptiert worden – in Ost wie West! So behalf man sich mit dem ebenso simplen wie legitimem Vehikel: Die vormalige DDR ist der BRD beigetreten. Damit wurden sämtliche Rechte, Pflichten und Regelwerke übernommen – ohne darüber abzustimmen. Wer als neues Mitglied einem Club beitritt, kann auch nicht vorher die Statuten ändern. So wurde in dem nun noch immer so heißenden Grundgesetzt der noch immer letzten Artikel 146 um die Passage ergänzt: "Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Geltung an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."


Die vorgesehene Abstimmung wurde auf unbestimmte Zeit vertagt. Und da nicht allzu viele Bürger das Grundgesetz lesen und die hinter knappen Sätzen liegenden Bedeutungen in ihrer Komplexität durchdringen, war das Risiko gering, dass eine gesamtdeutsche Bevölkerung auf ihre grundgesetzlich verankerte Option pochen würde, über das Grundgesetz gemeinsam abzustimmen.


Seit seinem ersten Zusammenschluss 1871 wurde Deutschland nicht richtig einig Volk und Vaterland. Formal wurde mit der Gründung des ersten deutschen Kaiserreiches die deutsche Kleinstaaterei abgeschafft, aber bis heute hat sich kein übergreifendes nationales Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt. Zu tief steckt uns im Blut, dass das „deutsch-nationale“ mit Terror, Unfreiheit und Niedergang verbunden ist. Vaterlandsliebe (wie soll man das nur genderneutral umformulieren?) bleibt verpönt. Das gegenwärtige Erstarken der Reichsbürger und das Pochen der AfD auf das Deutsch-nationale, vertreiben jedes wohlverstandene Nationalgefühl, wie es anderen Völker selbstverständlich ist.
Franzosen sind zuerst Franzosen, ob aus den Ardennen oder dem Languedoc. In Deutschland ist ein Hesse eine Hesse und ein Norddeutscher ein Norddeutscher. Wenn Sie als Nicht-Bayer auf Auslandsreise gehen und ein typisch deutsches Gastgeschenk mitbringen möchten, haben Sie ein Dilemma. Ein Italiener bringt Pasta und Wein, ein Brite eine winkende Queen oder den Union Jack als Sofakissen, aber als Deutsche? Mit der Fußball-WM 2006 schmückten die Deutschen in ganz Deutschland erstmals Autos, Häuser oder Gesichter mit der deutschen Flagge. Aber das währte nur kurz. Mir ist auch kein im Ausland lebender Deutscher bekannt, der die deutsche Flagge an seinem Haus montiert hat, wohl aber die hamburgische oder bayrische!
Die mantra-mäßige Wiederholung des Wortes Wiedervereinigung hat nicht dazu geführt, dass sich die Bürger als eine Gemeinschaft wahrnehmen, in der nicht jeder pausenlos seine Rechte deklamiert, die Pflichten hingegen vergißt und die Fehlverhalten anderer anprangert, wo sich der eine neben dem anderen nicht als Bürger zweiter Klasse vorkommt, wozu selbst die Bundeskanzlerin sich genötigt sah, das noch einmal zu artikulieren. Wenn jemand aus einer belebten Metropole innerhalb eines Bundeslandes in eine ländliche Region umzieht, bleibt man auch dort bei allem Engagement lange nichtdazugehörig. Ein richtiges Zusammenwachsen dauert. Selbst innerhalb der Familie wird mit der Heirat nicht jeder in der Schwieger-Familie ein richtiges Familienmitglied, sondern bleibt der/die Eingeheiratete.


Es wäre gut innezuhalten und die Ideen, Grundstrukturen und die freiheitliche Grundordnung Deutschlands neu zu durchdenken und dann mit Leben zu füllen. Dass zwei so gegensätzlich entwickelte Länder, davon eines ein marodes Milliardengrab mit Bürgern, die vierzig Jahre lang von einem totalitären System der Unfreiheit unterjocht wurden, wieder eine Nation sind, ist eine einzigartige Leistung. Dass die vormals unterdrückten, überwachten, misshandelten DDR-Bürger heute in Frieden und Freiheit leben mit vollen Supermärkten und freier Meinungsäußerung und alles studieren und beruflich werden können, ohne strammes Parteimitglied zu sein, hat indes nur noch für wenige eine bewusste Bedeutung. Schon bald nach dem Mauerfall begannen Klagen, dass man weniger habe und verdiene als die Wessis. War die Freiheit erst einmal da, dreht es sich im weiteren Verlauf nur noch ums Geld. Man stelle sich vor, ein Ruhrgebietler würde permanent reklamieren, dass die Münchner so viel mehr haben. Das war und ist nicht die Geisteshaltung, die Bürger zu einer Gesellschaft, zu einer Nation zusammenschmiedet.


Damit kommen wir noch einmal zum Grundgesetz: Eine vom ARD beauftragte Studie zeigt, dass die Hälfte der Ost-Deutschen mit der Demokratie, wie wir sie haben unzufrieden sind. M.E. ist das auch ein Beleg, dass eben (gesamt-)deutsch die Bildung wie vorbenannt zu unserem politischen System völlig fehlt. Nimmt man dazu die großen Herausforderungen in Deutschland, Europa und global und die gegenwärtigen Gemüts- und andere Zuständen, sollte der Art. 146 bis auf weiteres nicht zur Anwendung kommen. Wohin das führen könnte, wenn in Zeiten von Fake News, AfD und Reichbürgern, Corona, hoher Sockelarbeitslosigkeit, zunehmender Verarmung und großen globalen Unsicherheiten, eine ungesunde Gemengelage über eine gemeinsame Verfassung abstimmen soll, möchte man sich nicht ausmalen…


Nun also: herzlichen Glückwunsch, liebes Gesamt-Deutschland, zu dieser beeindruckenden historischen Leistung. Bleiben Sie heiter beim friedlichen Zusammenwachsen. Mit und wegen aller Herausforderungen haben wir doch ein großartiges Land mit faszinierenden Menschen.




"Nur der Frieden lastet nicht auf der Erde"
(Dag Hammarskjöld, 2. UN-Generalsekretär)
Gedanken zum Internationalen Friedenstag am 21. September 2020


Die arabische Sprache mag ich wegen ihrer Klangmelodie und der Schönheit des Schriftbildes. Besonders gefällt mir, dass die Grußformel meist "salam" lautet. Salam bedeutet Frieden. In keiner anderen (mir bekannten) Sprache wünscht man sich der Art den Frieden. In der katholischen Kirche gibt es während der Messe noch den Friedensgruß, im alltäglichen Sprachgebrauch wünscht man sich hingegen nicht mehr verbal den Frieden. Und auch wenn in einigen arabischsprachigen Ländern derzeit der Frieden ferner ist, so bleibt er doch im Sprachgebrauch.


Vor nunmehr 39 Jahren erklärte die UN-Vollversammlung mit einer Resolution den dritten Dienstag im September zum Internationalen Friedenstag, um in besonderer Weise den Frieden zwischen den Nationen und Völkern zu erinnern und zu stärken. In 2001 wurde der Weltfriedenstag auf den 21. September verlegt.


Schon in der Präambel der 1945 verabschiedeten Charta der Vereinten Nationen verkündeten die Vertreter der Völker, dass sie künftige Geschlechter von der Geißel des Krieges bewahren, für diesen Zwecke Duldsamkeit üben und als gute Nachbarn in Frieden miteinander leben wollen. Dafür wollten sie ihre Kräfte vereinen, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu bewahren.


Davon scheinen wir gegenwärtig weiter weg, als im Jahr der Proklamierung des Weltfriedenstages, als im Oktober 1981 gut 300.000 Menschen für Frieden und Abrüstung im Bonner Hofgarten demonstrierten. Es ist beschämend vielsagend, dass am heutigen Weltfriedenstag weder die FAZ noch die Süddeutsche als die wichtigsten deutschsprachigen überregionalen Tageszeitungen dieses Ereignis des Welttags des Friedens nicht mit einer Silbe erwähnen! Ist der Friede so unbedeutend geworden, dass er keine Zeile mehr wert ist? Oder gehört der Friede bereits ins Reich der Mythen und Legenden und ist also für seriöse Blätter kein Thema? Ich möchte wirklich verstehen, warum die Herausgeber den Welttag des Friedens nicht auf dem Radar haben! Auch Die Zeit hat keine kleine Spalte für die Erinnerung an den Frieden...


Wenn der Friede mit Wahrheit und Gerechtigkeit verbunden ist, wie der Philosoph Wilhelm Vossenkuhl schreibt, dann haben wir (gegenwärtig) keinen Frieden - eben weil Wahrheit wie Gerechtigkeit auf dem Altar der Profilneurosen und verfehlter Politiken dem Profit und der schnellen, Aufmerksamkeit heischenden Schlagzeile geopfert wurde. Und wie soll wer in Zeiten von Fake News und von Algorithmen erstellen Nachrichten die Wahrheit überhaupt noch erkennen, wo Bildung längst durch Infotainment ersetzt wurde?
Dementsprechend fordern auch immer weniger Bürger den Frieden. Vielleicht ist er auch zu selbstverständlich? Und warum sollten Politiker ihn dann fördern? Wie auch - wenn die fünf ständigen UN-Sicherheitsratsmitglieder Rüstungsexportweltmeister sind? Hieß es in den 1980er-Jahren noch "Frieden schaffen ohne Waffen", hat sich das längst verkehrt. Heute werden Rüstungsgüter in unvorstellbaren Mengen und für Billionenbeträge verkauft - natürlich nur zur Friedenssicherung. Das versteht sich!​


In seinem philosophischen Entwurf  „Zum ewigen Frieden" fordert Kant im Geheimen Artikel zum ewigen Frieden: "Die Maximen der Philosophen über die Bedingungen der Möglichkeit des öffentlichen Friedens sollen von den zum Kriege gerüsteten Staaten zu Rate gezogen werden." 225 Jahre später gehören Philosophen eher nicht zu jenen, deren Rat gefragt oder gar angenommen würde.  Nicht nur, weil sie im Getöse der pausenlosen Nachrichtenflut überhört würden. Sie äußern sich durchaus zu Themen von Umwelt, Gender- und anderen Fragen der Gegenwart. Auch diese Themen tragen zum Frieden bei, natürlich. Aber zum Thema Frieden selbst müssten sie sich von sich aus wieder äußern, aktiv, direkt, konkret, nicht als Randbemerkung eines anderen Kontextes, damit sich wieder jedem ins Bewusstsein drängt, wie fragil und kostbar Frieden ist, wie schwer ein positiver Frieden im Galtungschen Sinne* zu erreichen ist.


Statt den Rat der Weisen, eines Senates im römischen Sinne oder Kantischer Philosophen einzuholen, haben sich freiheitlich organisierte Demokratien dem Primat des Ökonomischen unterworfen und folgen dem Diktat der Lobbyisten. Nur: den Frieden kann man nicht kaufen! Ich habe bei Online-Händlern weltweit gesucht - und wurde nicht fündig. Ich weiß, das klingt ein wenig überraschend, wo man doch heute alles spätestens im Darknet kaufen kann. Dort, so muss ich gestehen, habe ich es indes nicht versucht.


Und so bleibt doch wieder nur die Bildung. So heißt es noch einmal bei Vossenkuhl: "Die Alternative zum Frieden der Angst ist nicht die Politisierung des Friedens, mit der nur Machtkonflikte durch ideologische ersetzt werden, sondern eine Erziehung zum Frieden als sozialer Kompetenz. Diese begreift Frieden als Ergebnis einer vernünftig rechtfertigbaren sittlichen Entscheidung."


Und hier schließt sich der Kreis. Es ist wie mit der Hydra: Mit der Forderung nach vernünftig rechtfertigbaren sittlichen Entscheidungen stellt sich die Frage, welche Politiker, Lehrer, Eltern dieser Erziehungsaufgabe gegenwärtig gerecht werden könnten... Aber das ist ein anderes Kapitel!


Nun ja! All das sind nur Gedanken und die sind ja bekanntermaßen frei.
In diesem Sinne wünsche ich einen friedvollen Tag allerseits. Ma'a Salam! مع السلام

Quellen und Erläuterungen:

Bild: https://internationaldayofpeace.org/get-involved/community/
Zitat Vossenkuhl: Wilhelm Vossenkuhl, Friede, in: Höffe, Oftfried, Lexikon der Ethik, München 2002, S. 73 f.
* Der Norweger Johan Galtung gilt als Begründer der Friedensforschung. Er definierte den positiven Friedensbegriff und teilt ihn vom negativen Frieden, der sich durch das Ruhen der Waffen auszeichne.




Allies of the light - and given words of honorable men
21 August 2020


Joe Biden began his presidential nominee speech on 21 August 2020 as follows:
"Ella Baker, a giant of the civil rights movement, left us with this wisdom: Give people light and they will find a way.


Give people light. Those are words for our time. The current president has cloaked America in darkness for much too long. Too much anger. Too much fear. Too much division.
Here and now, I give you my word: If you entrust me with the presidency, I will draw on the best of us not the worst. I will be an ally of the light not of the darkness.
It's time for us, for We the People, to come together.


For make no mistake. United we can, and will, overcome this season of darkness in America. We will choose hope over fear, facts over fiction, fairness over privilege."
And his very last words were: "May God protect our troops."
So, has Biden already paved the way for how he will accomplish the promised light?
I try hard to understand the meaning of light in context of blessed troops. In the today's world it's urgently needed to define words. As we know from painful experiences, troops can bring light, too - the light of bomb fire or explosions e.g., especially the american troops. They shed a lot of light all over. Ask the people in Iraq or wherever you want to ask.
Who is advising this presidential candidate - and wrote his speech? Assumingly Biden trained with a coach how to give his speech in the most effective way. It is hardly to believe that really nobody noticed this double meaning. So, do we have to consider that it was meant deliberately? A president nominee, as any politician, should really mean what he says.


And when already a candidate starts with "I give you my word" ... . Once upon a time there was another american president who never had a relation to a special woman. And he gave his word even with an official oath.


Of course, it's not typically american. But maybe the ability to give us their word is a specific qualification for heads of state? It's worthy to think about it! At least until they give us real doings to mull over.
And all the speech without even the tiniest facial movement, very paretic, morbid, just looking like too much botox and aesthetic surgery. Let's hope that this is only an outer effect!


Umfrage zur Kommunalwahl NRW 2020
Zur Kommunalwahl am 13.09.2020 können sich alle Wahlberechtigten wieder aktiv an dem Geschehen in ihrer Stadt beteiligen. Jedoch grasiert die PolitikERverdrossenheit auch wie ein Virus, nur dass sie sich viel unbemerkter verbreitet. Über eine zu lange Zeit zeigen sich keine Symptome. Die in beinahe unappettichen Wahlplakat laden weder zur Wahlbeteiligung ein, noch machen sie neugierig, sie vermitteln keine oder gar falsche Informationen und Versprechen. Die Linke mit ihrem Slogan "Steuern rauf für Reiche. Wann, wenn nicht jetzt?" suggiert ein falsches Versprechen. Die Besteuerung höhere Einkünfte und Vermögen ist NICHT Angelegenheit der Kommunalen- sondern der Bundespolitik.


Die Aufforderung der FDP, "Jungen Menschen eine lautere Stimme geben. Weil Oberhausen.", ist inhaltsfrei. Was möchte die FDP dem potentiellen Wähler anbieten? Das künftig schon neunjährige wählen dürfen, weil sie dann schon das Alphabet beherrschen (sollten) und bis drei Zählen können? Lautstärke ist kein Inhalt. Wo bleibt das Argument? Oder das niemand mehr wählen oder gewählt werden darf, der z.B. älter als 35 ist? Lord Dahrendorf würde sich im Grabe umdrehen, ob solcher perfid dummen Äußerungen.
Und natürlich haben alle anderen zur Wahlstehen auch nichts besseres im Programm. Die kommunalen Wahlversprechen der Grünen lauten "Grün ist Antifaschismus". Das ist ja gut, richtig und wichtig. Aber: was genau heißt das denn in der Umsetzung im kommunalpolitischen Raum? Wird jeder Faschist eingesperrt, entmündigt, des Landes verwiesen? Oder will man langfristig auf Bildung als Rüstzeug gegen den Faschismus setzen? Was genau wäre da die Aufgabe der kommunalen Politik, wo Bildung Ländersache ist?


Den Werbeplakten aller Parteien ist gemein, dass sie nicht inspierieren, keine wirklich sinnvollen Inhalte haben, nicht zum eigenen Nachdenken und Reflektion anregen. Sie zeigen lediglich die Geisteshaltung, dass der Bürger maximal als Stimmvieh dienlich ist.
Am 07. September 2020 werden wir uns mit einem Vortrag und anschließender Diskussion gemeinsam Gedanken zur Kommunalwahl machen.


Im Vorfeld lade ich Sie herzlich ein, uns Ihre Gedanken über eine Umfrage mit acht kurzen Fragen mitzuteilen.
Die Umfrage ist vollständig anonymisiert und läuft über den Anbieter SurveyMonkey. SurveyMonkey hat eigene Datenschutzrichtlinien, mit denen Sie sich dort vertraut machen, zustimmen oder wiedersprechen können.
Die Umfrage ist freigeschaltet bis einschließlich 06.09.2020. - Die Umfrage ist abgeschlossen!



70 Jahre Volksrepublik China -
Eine denkwürdige Erfolgsgeschichte?

1. Oktober 2019


Peking feiert sich, 70 Jahre Volksrepublik - allerdings ohne sein Volk. Ohne eine besondere Einladung darf kein Bürger als Claqueur zur Militärparade kommen. Die Stadt ist Sperrgebiet, Geschäfte dürfen nicht öffnen, die Bürger nicht auf die Straßen. Rund um den Platz des Himmlischen Friedens darf man noch nicht einmal aus dem Hotelfenster schauen. Überall sollen Rentner sitzen, die die Einhaltung der Verbote kontrollieren. Bei der Parade wird martialisch aufgefahren mit hunderten von Panzern, Flugzeugen, atomar bestückbaren Waffensystemen und dem Aufmarsch von 15.000 Soldaten, bestimmte Wahrzeichen und Gebäude sollen illuminiert werden.


Mit Maos Machtübernahme begann die Schließung und ethnische Säuberung des Landes. Tibeter, Uighuren, Innere Mongolei, Volksgruppen und Landstriche, die es bis dato versäumten, sich als eigenständige Nation quasi bei der Weltgemeinschaft, den neu gegründeten Vereinten Nationen, zu akkreditieren, wurden völkerrechtswidrig besetzt und erleiden bis heute das gesamte Spektrum der Zwangssinisierung von Diskriminierung bis Genozid.


Natürlich wird diese Erweiterung des vermeintlichen chinesischen Territoriums nicht gefeiert, ebenso wenig wie die glorreiche Kulturrevolution, die das Volk in eine mittelalterliche Leibeigenengesellschaft zurückwarf. Die im Massaker geendeten friedlichen Demonstrationen der Studenten, die 1989 eine Öffnung des Landes à la UdSSR unter Gorbatschow forderten, werden ebenfalls weiterhin totgeschwiegen und zwar so erfolgreich, dass viele der heutigen Studenten darüber tatsächlich nichts mehr wissen und jene, die in diesem System erfolgreich wurden, es auch nicht mehr wissen wollen.


Summa summarum der Erfolg von 70 Jahren Volksrepublik:
- Ungezählte Millionen Tote
- Noch mehr Gefolterte
- die auch als Arbeitssklaven in den Laogais den chinesischen Wirtschaftsboom erarbeiten. Praktisch, Millionen inhaftierte Zwangsarbeiter zu haben, denen kein Lohn gezahlt werden muss – und die ganze Welt feiert und bewundert das wirtschaftliche Wachstum ohne lästige Demokratie und Mitbestimmung
- ungebremster Raubbau an der Natur
- knapp 1,4 Milliarden unfreie Menschen, die bis heute vor allem dann eine Chance auf ein gutes Leben haben, wenn sie absolut auf Linie sind und nicht das Geringste gegen das System sagen, tun, denken
- knapp 1,4 Milliarden Menschen, die nun hervorragende Versuchsobjekte sind für den perfekten Überwachungsstaat unter digitalen, algorithmischen Bedingungen und Wohlverhaltensboni sammeln können, die sie auch brauchen, wenn sie z.B. ein Flugticket kaufen wollen
- wenn in HongKong die Bürger heute ihre seit Wochen andauernden Protestmärsche schwarz gekleidet abhalten, ist das wahrscheinlich eine ganz besondere Art, die Freude und das Glück auszudrücken, zu diesem Mutterland dazuzugehören
Schöne freie Welt! Denn man herzlichen Glückwunsch!



Schlimmer geht immer ... oder nimmer?
17. Juli 2019


Erstaunlich genug, dass eine ausgebildete Ärztin, sechsfache Mutter und Familienministerin zur Verteidigungsministerin avancierte. Dem geneigten Beobachter stellte sich die Frage nach Motivation, Qualifikation und Intention.


Noch erstaunlicher ist indes, dass diese honorige, bisher nicht im europäischen Kontext aufgefallene Dame nun Präsidentin genau jener Behörde ist, die als einzige genui und ausschließlich europäisch ist.


Am Erstaunlichsten (für den Moment) ist allerdings wohl, dass eine Klosprüche klopfende Möchtegern-künftige-Kanzlerkandidatin jetzt auch noch deutsche Verteidigungsministerin wird. Höchst selten um Worte verlegen, fällt mir dazu definitiv nichts mehr ein, kein Vergleich, weder historisch noch gegenwärtig, auch nicht aus anderen Branchen, nichts, außer Fassungslosigkeit.


Noch vor sieben Wochen will sie die Meinungsäußerungen im Internet vor Wahlen regulieren, sprich Zensur ausüben und eines der entscheidenden Grundrechte demokratisch verfasster Staaten aushebeln. Will sie mit dieser Methode die Sicherheit unseres Landes sicherstellen - oder gar verteidigen? Bisher hat sie keinerlei Erfahrung auf Bundeebene. Die Position der (Bundes-)CDU-Vorsitzenden, die sie ja auch noch nicht lange ausübt, wird hier bewußt ausgelassen, da es dabei um die Gestaltung einer Partei und nicht gesamtgesellschaftlicher Aufgaben geht.


Wer, um alles in der Welt, ist warum auf die Idee gekommen, ausgerechnet AKK in diesen Zeiten für dieses Amt vorzuschlagen? Hat das Beispiel der Arbeit der Frau vdL nicht nachdenklich gemacht? Wir leben eben nicht (mehr) auf einer Insel der Glückseligen und leider ist die Verteidigung ein immens wichtiges Thema, das nur von den fähigsten, profiliertesten und erfahrenen Experten gestaltet werden sollte.



Sprachgenies und andere Kommissare
11. Juli 2019


Und weiter geht’s mit diesem unsäglichen, blamablen Geschrei, an Peinlichkeit und offen zu Markte getragener Dummheit nur schwer zu unterbieten. Immerhinque (wie mein alter Lateinlehrer zu sagen pflegte): Sie spricht neben Deutsch auch Englisch und sogar Französisch. Ohlala… wenn das nicht zur Kommissionspräsidentin qualifiziert, was dann? Und in Ermangelung sachlicher Aussagen und echter Ideen zu Europa, kann man zumindest dem der Verständigung dienlichen Sprachvermögen der Frau von der Leyen lauschen.


Lieber hätten wir Europäer wohl klare, eindeutige Statements, die erkennen ließen, worum es einem künftigen Kommissionspräsidenten/in für Europa geht, gerne von einem Dolmetscher übersetzt. En passent: Frans Timmermans spricht neben Niederländisch sechs weitere Sprachen fließend! Da er sich, wie auch andere Präsidentschaftskandidaten, inhaltlich qualifiziert und eloquent äußert, sogar in tadellosem Deutsch, musste sein Sprachbegabung in Berichten über ihn nicht betont werden.


Dieses destruktive Postengeschacher zeigt einmal mehr, wie erodiert das europäische Fundament und die Demokratie mittlerweile sind, wie wenig es tatsächlich noch um die Ideen von Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit als Grundlage prosperierender Gesellschaften geht.


Auch für mich war es bei der letzten Wahl des Europäischen Parlaments ein hartes Ringen, welcher Partei ich meine Stimme gebe. Schien mir doch der niederländische Sozialdemokrat Timmermans der geeignete Kandidat für das Amt des Kommissionspräsidenten, dessen Erster Stellvertreter er bereits seit fünf Jahren ist, erfahren als niederländischer Außenminister, Staatssekretär für Europäische Angelegenheiten und Mitarbeiter des Kommissars für Außen- und Sicherheitspolitik und Erweiterungsverhandlungen.


Das scheint solides Rüstzeug für die Aufgaben des Kommissionspräsidenten, der lt. EUV (6):
"a) legt die Leitlinien fest, nach denen die Kommission ihre Aufgaben ausübt,
b) beschließt über die interne Organisation der Kommission, um die Kohärenz, die Effizienz und das Kollegialitätsprinzip im Rahmen ihrer Tätigkeit sicherzustellen,
c) ernennt, mit Ausnahme des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, die Vizepräsidenten aus dem Kreis der Mitglieder der Kommission."
Jedoch - das Wahlprogramm der europäischen Sozialdemokraten war für mich nicht wählbar und Timmermans konnte nicht ohne die Partei gewählt werden. Ob Frau von der Leyen für diese ureuropäische Position wirklich die Geeignete ist? Weiß man qua Geburtsort automatisch um die Funktionsweise der Kommission und Europäischen Union? Selbst wenn ..., die Europäische Kommission, damals noch Hohe Behörde, war zum Zeitpunkt der Geburt der Frau von der Leyen auch erst sechs Jahre alt und hat sich seit dem respektabel weiterentwickelt… Möge Frau von der Leyen den gleichen Weg beschreiten.


Ein Blick ins Gesetz hat bekanntermaßen noch keinem geschadet und sollte gar verpflichtend sein für alle, die sich von Berufswegen mit Politik befassen. Dann wäre es ein Einfaches zu verstehen, dass zunächst nichts an dem Verfahren der Ernennung Ursula von der Leyens  fragwürdig war, wie politische Gegner wie Medien gleichermaßen tönten.
Es ist der vertraglich geregelte Auftrag des Europäischen Rates (ER), also der Versammlung der europäischen Staats- und Regierungschefs, die Mitglieder der Kommission „aufgrund ihrer allgemeinen Befähigung und ihres Einsatzes für Europa unter Persönlichkeiten auszuwählen, die volle Gewähr für ihre Unabhängigkeit bieten.“ (EUV 17 (3)).


Welchen Einsatz genau hat Frau von der Leyen für Europa bisher gebracht?
Und bei dem Vorschlag eines Kandidaten als Kommissionspräsident „berücksichtigt der ER das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament.“ (EUV 17 (7)). Dort steht expressis verbis berücksichtigt ...!!! Die Auswahl eines Kandidaten als künftiger Kommissionspräsident ist schlechterdings nicht der Job des EU-Parlaments. Sie stimmen über die Vorschläge des ER ab, aber sie schlagen nicht vor!
Es stellt sich die berechtigte Frage, warum die Osteuropäer die seit Wochen bekannten Spitzenkandidaten erst jetzt blockieren. Sie hätten doch vor und nach der Kür der Spitzenkandidaten in Opposition gehen können. Aber eben VOR der Abstimmung … statt jetzt ganz Europa zu blockieren und zu diskreditieren.
Jean Monnet würde sich im Grabe umdrehen. Der spiritus rector der Europäischen Gemeinschaften hat die Montanunion entworfen und war der erste europäische Kommissionspräsident, damals noch Hohe Behörde, aus der dann 1967 die Kommission wurde.


Die Lektüre seiner autobiographischen „Erinnerungen eines Europäers“ sind besonders geeignet, um zu verstehen und sich zu erinnern, was es heißt, etwas Gemeinsames friedlich und wohlwollend aus- und zu verhandeln, auch und gerade gegen Widerstände und unter Verzicht eigener Wünsche zu Gunsten des Ganzen. Über ihn ist im Übrigen auch nicht überliefert, ob er neben Französisch und Englisch weiter Sprachen beherrschte.


Ach Europa…!!! Wir werden das Geschehen im Blick behalten



Oh, tu felix Austria...
22. Mai 2019


… wohin bist du entschwunden? Einst warst Du glücklich, von Literaten und Poeten besungen. Claudio Magris erinnert in seiner lesenswerten Habil über den habsburgischen Mythos in der Literatur an die einstmals beschriebene Ehre und Kultiviertheit, an ein geordnetes, märchenhaftes Mitteleuropa, in dem die Zeit nicht so schnell zu vergehen schien, wo der Staat Sicherheit und Beständigkeit garantierte, wo jeder wusste, wo er hingehöre, man gemessen sprach und langsam ging...


Wohl nicht erst seit Österreich seit 1995 der Europäischen Union beitrat, ist’s vorbei mit dieser austrischen Glückseligkeit, können die alltäglichen Gegen- und Widerwärtigkeiten nicht länger mit nostalgischen, romantisierenden Bildern überpinselt werden. Kaum fünf Jahre in der EU, erschütterte Österreich (mal wieder?) Europa. Fassungslos erfuhr die europäische und Weltöffentlichkeit, dass die ÖVP unter Führung ihres Vorsitzenden Wolfgang Schüssel eine Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ einging, was damals noch Anlass für eine handfeste Krise war. Als Zeichen gegen Rechtspopulismus sanktionierten alle anderen 14 EU-Mitglieder Österreich, in dem jedes Land seine bilateralen Beziehungen zu Österreich einfror. Norwegen, Tschechien, Kanada und Israel schlossen sich den Sanktionen an. Ein eigens von der EU eingesetzter „Rat der Weisen“ erarbeitete in einem „Weisenbericht“, dass die bürgerlichen Rechte trotz rechtspopulistischer Regierungsbeteiligung nicht eingeschränkt seien, woraufhin die Sanktionen nach sechs Monaten wieder aufgehoben wurden.


Einen Rat der Weisen einzuberufen, in dem Experten unparteiisch und mit Abstand einen Sachverhalt analysieren, ist wahrlich weise und begrüßenswert. Indes: Die ÖVP-FPÖ-Koalition war erst vier Monate im Amt, so dass grundlegende Veränderungen wohl kaum erkenn- und messbar gewesen sein dürften. Die Entgiftung von Köpfen, Seelen, Kulturen und Gesellschaften braucht Zeit.


Die Sanktionen waren richtig gemäß der Devise „währet den Anfängen“. Dass Europa damals zeigte, spalterische, zerstörerische Ideen und Gruppierungen nicht zu dulden, war richtig und wichtig, und dennoch war es ein zahnloser Tiger. Mittlerweile ist die rechtspopulistische Saat aufgegangen und eine korrumpierende FPÖ sprengt die österreichische Regierung und treibt einen weiteren Keil in die EU. Mir scheint, dass heute das Einfrieren von Beziehungen und Weisenräte wohl nicht mehr helfen…


Was muss geschehen, damit Österreich und ganz Europa wieder glücklich, in sich ruhend, gemessen reden und handeln kann, auf das es eines Tages heiße: tu felix Europa???



Drah di net um, schau schau ein Trumpletier geht um...
8. Mai 2018


An diesem heutigen, historisch so bedeutenden Tag, am 08. Mai, will Trumpletier SEINE, ich betone SEINE Entscheidung über das Iran-Abkommen verkünden. Es ist Dienstag, ursprünglich wollte er das erst am Samstag tun. Aber ja, jemand, der zwar twittern, aber offensichtlich nicht denken kann, braucht keine Zeit (zum Nachdenken). Möglicherweise ist diesem Herrn nicht bekannt, dass das Abkommen zwischen Iran, China, Deutschland, England, Frankreich, Russland und den USA ausgehandelt wurde und keine einseitig, gönnerhafte goodwill-Erklärung der USA war. Aber natürlich, was interessiert einen ach so mächtigen Möchtegern das Geschwätz von gestern, zumal von anderen Leuten? Zu dumm, dass er diese nicht einfach feuern kann, wie andere denkende Köpfe seines Stabes…
Seine lange Zeit berühmte Rede zum 08. Mai 1945 beendet Richard von Weizsäcker 1985 mit dem Satz „Schauen wir am heutigen 08. Mai, so gut wir es können, der Wahrheit ins Auge.“


Wahrheit ist etwas, das allem Anschein nach längst auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet ist. Natürlich gibt es viel mehr Menschen, die der Wahrheit verpflichtet bleiben. Diese haben allerdings keine Reputation und keiner interessiert sich für sie - und ihre Wahrheit. Und sollten sie doch einmal Gehör finden, werden sie als Lügner, Irre, Schlächter oder sonst was diffamiert.  In einer Zeit, in der wir Zugang zum Wissen dieser Welt haben, ist Bildung irrelevant und der Unterschied zwischen Wissen und Bildung unbekannt. Heute ist nur noch der Zugang entscheidend, in high speed, allerdings weniger zur Aneignung von Wissen, sondern für Zocken und Shoppen, die destruktiven Drogen des 21. JHs. Die Wahrheit wurde auf dem Altar der fake-news geopfert.


Bisher ist bei den Äußerungen dieses twitterwütigen Präsidenten kein historisches Bewusstsein oder Wissen aufgefallen. Möglicherweise ist ihm weder die Genese des Atomabkommens noch die atomare Entwicklung in Iran bekannt. Die Hintergrundberichte seiner Berater nimmt er nicht zur Kenntnis. Es scheint fast so, dass er eines verstehenden Lesens nicht mächtig sei.


Es war Eisenhower (seinerzeit US-Präsident), der der Tehraner Uni 1959 einen Forschungsreaktor spendierte. Und schon zwei Jahre später gab es einen Leichtwasserreaktor. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Die US-Ideen des Kalten Krieges, den Rest der (außeramerikanischen) Welt als Bollwerk gegen den Kommunismus und die Sowjet Union aufzubauen, gehören für Trumpletier wahrscheinlich auch nur in den Lügenkatalog bösartiger Feinde der großartigen amerikanischen Freiheit.
Es wäre interessant, ob Trump auf einer Weltkarte ohne eingezeichnete Grenzen und Ländernamen Iran finden würde. Das klingt böse, ich weiß, ist auch nur eine Überlegung…
Wie ist es möglich, dass eine handvoll macht- und geldgieriger Idioten die Welt an den Abgrund führen kann, ohne dass die Weltgemeinschaft dagegen etwas unternimmt, unternehmen kann? Diese Frage ist rhetorisch… 


Demokratie war doch mal anders gedacht. Wahrscheinlich gibt es zu viele gute Menschen, die dieses abgrundtief Böse nicht in seiner katastrophalen Komplexität in Gänze erkennen, weil sie gar nicht so schlecht denken können. Sie retten halt im Rahmen ihrer eigenen Möglichkeiten die Welt, in dem sie Flüchtlinge aufnehmen, den Nachbarn helfen, ihre Kinder liebevoll erziehen und Müll vermeiden. Um die große Politik kümmern sie sich nicht.



Fragen einer lesenden Akademikerin
8. Apr. 2018


Fliegerbombe, eineinhalb Tonnen Sprengstoff, noch immer explosiv, jetzt in Paderborn gefunden. Zwecks Entschärfung 26.000 Menschen evakuiert. Abgeworfen irgendwann zwischen 1939-45. Von wem? Auch 73 Jahre nach WK-II treten noch immer Gefährdungen der Bevölkerungen in unmittelbarem [sic!] Zusammenhang mit diesem auf. Unfassbar!


Und wer trägt die Kosten für die Entschärfungen? Die Produzenten der Bomben? Wohl kaum. Sie sind mit abgeschlossenem Verkauf aus jeder Haftung entlassen. Für die Verwendung durch den Käufer haben Hersteller keine Verantwortung, zumal der Sinn der Bomben Zerstörung ist. Wer dann? Vielleicht der Staat, der die Bombe abgeworfen hat? Staaten in Haftung zu nehmen ist auch ein schwieriges Unterfangen. Zum einen dürften die unmittelbar [sic!] Verantwortlichen aller Wahrscheinlichkeit nach das Zeitliche gesegnet haben, zum anderen führt ein ewiges Aufrechnen von Kriegsschulden und Kriegslasten nur zu neuen Konflikten und Eskalationen.


Bleiben also mal wieder die Bürger als Zahlmeister, deren Vorfahren durch den Krieg viel bis alles verloren und auf eigene Kosten wiederaufgebaut haben, die als Kriegsnachfahren mit diesen Entschärfungskosten bis heute am WK-II zahlen. Ich habe keine Vorstellung, was der ganze Prozess vom Auffinden der Bombe über Evakuierung bis zur vollständigen Vernichtung, kostet. Wahrscheinlich "Peanuts" im Vergleich zu den den Bürgern aufgelasteten Kosten zwecks Bankenrettung. Trotzdem! Man stelle sich vor, es hätten mit diesem Geld Schultoiletten renoviert, ein Kindergarten gebaut, eine Parkanlage gereinigt werden können... Irgendwas Sinnvolles hätte man damit schon schaffen können.


Unter diesem Aspekt ist es möglicherweise gar nicht so unklug, NICHT in Bildung zu investieren. So wird die Bildungall zu vieler kluger Menschen verhindert, die das Ganze hinterfragen könnten, was für Verantwortliche, Verursachende unbequem werden könnte. Völlig ohne Kosten könnte dieser WK-II-Bombenfund in Paderborn im Unterricht in Bezug gesetzt werden zum gestrigen Amoklauf in Münster zum Krieg in Syrien, Jemen, Afghanistan. Damit könnten die Fächer Geschichte, Politik, Psychologie, Mathematik und Physik gleich als Einheit bedient und in einen Zusammenhang gestellt werden, der Unterricht hätte Bezug zum Realen, Schüler würden Zusammenhänge und Lanfristigkeiten verstehen lernen und auf das richtige Leben praktischer vorbereitet werden.


Es darf allerdings unterstellt werden, dass auch diese Ereignisse  in Schulen unbesprochen bleiben, wie schon Fukushima, der Tsunamie, gegenwärtige Kriege, Zerstörung der Weltmeere u.a., passt halt nicht ins Curriculum. Stattdessen schreiben Abiturienten in ihren Abiklausuren über Texte aus den 50er Jahren des letzten JHs über die Rassentrennung und Diskriminierung der Afro-Amerikaner. Ja, es ist wichtig das zu lernen. Aber mit der stupiden Analyse alter, in schlechtem Stil verfassten Texte schaffte man weder Bewusstheit für das Thema noch lehrt man die Schüler ein brauchbares, lebendiges Englisch. Nun ja, das ist eine andere Baustelle... Um wievieles schlauer wäre es, man würde über Rassismus und Diskriminierung heute z.B. im Sillicon Valley sprechen. Damit könnten Schüler etwas anfangen, somit ergibt Geschichte einen Bezug zur Gegenwart und es wird klar, warum man heute handeln muss, wenn man morgen etwas erreicht haben möchte.


Zurück zur WK-II-Bombe und den damit verbundenen Kosten. Eine eineinhalb Tonnen schwere Bombe ist groß und einfach auffindbar. Was ist mit all den Bomben und noch schlimmer mit den Minen, mit denen allzu häufig westliche Rüstungsunternehmen unfassbare Gewinne erwirtschaften und die überall in nichtwestlichen Ländern großzügig über's Land gestreut werden? Minen werden über Jahrzehnte eine konkrete Bedrohung bleiben und die Länder, in denen sie ausgebracht sind werden in eben diesen Jahrzehnten kaum eine stabile Staatsverwaltung aufbauen, die dann in der Lage sein wird, die Bürger schützend den Kriegsmüll zu entsorgen.


Wann wird dieser ganze, sich scheinbar endlos wiederholende Wahnsinn ein Ende finden? Was muss passieren, damit das endlich aufhört? Ist nur der Untergang der Menschheit der einzige Weg zum „ewigen Frieden“? Vielleicht sollten (nicht nur) Verantwortliche in Politik wie Wirtschaft bei Zeiten Kants philosophischen Entwurf „Zum ewigen Frieden“ lesen…
Haben Sie einen friedvollen Sonntag!




Von Worten und Werten
6. Apr. 2018


Salam! Heiko Maas, seines Zeichens deutscher Außenminister seit März 2018, weilte in Jordanien! Das war ihm wichtig, Jordanien als erstes arabische Land zu besuchen. (Warum eigentlich?) Während einer Pressekonferenz dort wurde er zu deutschen Rüstungsexporten nach Jordanien befragt.


Im Koalitionsvertrag heißt es explizit: „Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind. Firmen erhalten Vertrauensschutz, sofern sie nachweisen, dass bereits genehmigte Lieferungen ausschließlich im Empfängerland verbleiben.“ [Zeilen7040-7043].


Dazu meinte Maas, man müsse definieren, was „unmittelbar“ bedeute!!!! Geht’s noch, Herr Maas??? Wahrscheinlich haben Sie und das ganze Kabinett und sämtliche Koalitionsverhandler genau an dem Tag in der Schule gefehlt, als dieses Wort besprochen wurde. Ein Blick in Dudens Deutsches Universalwörterbuch ist da bestimmt hilfreich, vorausgesetzt, der Leser kann lesend verstehen. Offensichtlich ist der mit unsäglichem Aufwand herausgewürgte Koalitionsvertrag das Papier nicht wert, auf dem es steht, wenn am Ende doch noch Bedeutungen definiert werden müssen.


Mit dieser Aussage, dass noch definiert werden müsse, was „unmittelbar“ im Zusammenhang mit Rüstungsexporten nach Jordanien bedeute, hat Maas sich als Außenminister von Beginn an für dieses Amt disqualifiziert. Als ausgebildeter Jurist dürfte er um die Bedeutung von Worten wissen. Aber wahrscheinlich wird diese Bemerkung noch nicht einmal eine Randnote der Geschichte werden und bekanntermaßen hat jedes Volk die Regierung, die es verdient.


Worüber und was genau wurde denn bei den Koalitionsverhandlungen verhandelt, wenn nach Unterzeichnung und Inkrafttreten die dort getroffenen Vereinbarungen erst noch definiert werden müssen? Mein fassungsloses Erstaunen kennt im Moment keine Grenzen. Das ist fast noch schlimmer als fake news…


Wenn Worte keinen Wert mehr haben und Werte nur noch Worte sind, dann ist es wohl fraglich um den Zustand einer Gesellschaft bestellt.


Warten wir ab, was als nächstes kommt... Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.




Warum, Amerika? Warum Amerika?
24. März 2018


In ihrer Rede anlässlich ihres 80. Geburtstags sagte Marion Gräfin Dönhoff: „Damals, als ich geboren wurde [1909], gab es fünf Großmächte in Europa: England, Österreich, Frankreich, Deutschland, Rußland. Die übrige Welt existierte nicht. Als ich […] Akten des Auswärtigen Amtes studierte, die die letzten Monate vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges betreffen, stellte ich mit Verblüffung fest, daß bei den Erwägungen, die man damals anstellte – also bei dem Abwägen der Risiken -, Amerika nicht einmal erwähnt wurde.“


Und tatsächlich haben die USA sich ihren Platz im Weltgeschehen erst mit und nach dem zweiten Weltkrieg herbeigebombt. Was meinte Trump, wenn er bei seiner Inauguration ein "America first and great again" versprach? Will er sich den vermeintlich ersten Platz (wieder) herbeibomben? Dafür hat er ja nun den richtigen Mann an seiner Seite. Sein per Twitter ernannter neuer Sicherheitsberater John Bolten schließt einen Präventivschlag gegen Nord-Korea nicht aus.


Geht's noch, Amerika? Die risikieren nicht nur den Weltfrieden, sondern gleich den Untergang. Einen Krieg wegen oder gar mit Atomwaffen dürfte die Zivilisation wohl eher nicht überleben. Und das wollen sie dann mit einem Haushalt finanzieren, der nun von März bis immerhin Oktober 2018 gesichert sein soll. Ach ja, bei einer desaströsen fiskalischen Gesamtlage wurden die Ausgaben in diesem Haushalt für Verteidigung natürlich erhöht - das hilft bestimmt gegen einstürzende Brücken.


Verteidigung! Ach Amerika! Ich bitte euch! Gegen wen oder was müsst ihr euch denn verteidigen? Doch wohl first of all euer ökonomisches Großmachtstreben. Wie gut, dass es genügend Verrückte in der Welt gibt, die so gerne mit euren Rüstungsgütern spielen. Und damit das Spiel immer schön weiterläuft, will sagen, das Umsatzwachstum gesichert bleibt, muss natürlich ordentlich gezündelt werden - irgendwo in der Welt, nicht at home. Dafür braucht es auch niemanden mehr von außen. Das erledigt ihr von innen schon selber. Mit einer immer schneller zerfallenden, zerrottenden Infrastruktur oder mit dem permanent wachsenden Verkauf und Gebrauch von Schusswaffen. Nach dem Schulmassaker im Februar d.J. lud Trump Schüler, Lehrer, Eltern der betroffenen Schule ins White House und diskutierte das Geschehene. Ein Teilnehmer machte den Vorschlag, dass die Lehrer doch bewaffnet werden sollten, womit der Tod vieler Unschuldiger verhindert werden könne. (jaja, Amerika steht auf Prävention...). 


Das war natürlich genau das, worauf Trump & Co. gewartet haben. Vier Wochen später kam dann die Nachricht, dass sich aus einer Waffe eines mittlerweile bewaffneten Lehrers versehentlich ein Schuss gelöst hat. Uuuups...! Was mag das wohl mit jungen Menschen machen, wenn sie den ganzen Tag bewaffneten Personen gegenüberstehen? Welche Ängste und Neurosen entwickeln sich da - völlig unreflektiert? Züchtet man so Neurotiker? In jedem Fall gehören Schusswaffen jetzt zum Alltag der Erziehenden und daran dürfte auch die heutige Großdemonstration in USA und weltweit gegen die Schusswaffen kaum was ändern. Mit fake news und Geschichtsklitterung wird genügend Öl in das Feuer das Hasses und der Gewalt gegossen werden. Glauben die Amis wirklich, dass Lehrer zu bewaffnen eine pädagogisch wertvolle Maßnahme ist, um junge Leute zu um Ausgleich und Bedacht besonnene Friedensengel heranzuziehen? 


Wenn Trump die Welt nicht in Schutt und Asche legt, dann spätestens die unter bewaffneten Lehrern erzogene Generation und die Schuldigen dafür sind längst ausgemacht, aber das ist eine andere Geschichte...




Handelskriege und historische Unbildung
4. März 2018


Trump bricht einen Handelskrieg vom Zaun mit der Ankündigung, auf die Einfuhr von Stahl 25% und auf Aluminium 10% Importzölle zu erheben. Damit bringt er erhebliche Unruhe, gar Instabilität in die internationalen Beziehungen. Und das genau 100 Jahre nach dem der damalige US-Präsident Wilson in einem 14-Punkte-Plan zur Wahrung des Friedens unter Punkt 3. "die soweit als mögliche Beseitigung aller wirtschaftlichen Schranken und Herstellung einer Gleichheit der Handelsbedingungen zwischen allen Nationen, die dem Frieden beitreten und sich zu seiner Aufrechterhaltung verbinden."


So wichtig und sinnvoll dieser Vorschlag war, hatt er doch den US-Kongress nicht überzeugt, der den Versailler Friedensvertrag nicht ratifizierte. America first galt schon zu jener Zeit, als die USA das internationale Parkett betragen, nur hat man es damals noch nicht so genannt.


Ob US-Präsidenten - und auch andere - einen Crash-Kurs in Geschichte absolvieren müßten, um das Handeln ihrer Regierungen besser verorten zu können? Oder spielen solche Überlegungen in der Welt 4.0 keine Rolle mehr, wo die Folgen der Pax Americana und Truman Doctrine ihren Tribut zollen in den daraus resultierenden Kriegen, Nationalismen sich offensichtlich wieder ausbreiten und Cyberkriege längst unseren Alltag erreicht haben, wer braucht da schon Geschichte, aus der man ohnehin nur lernt, das man aus ihr nichts gelernt hat ...




Mit verbaler Diarrhoe in die Zukunft
8. Feb. 2018


Vermeintlich vollbracht... Nach - wie vielen - Tagen Verhandelns steht sie, die GroKo, von der Schulz, derzeit designierter Außenminister, vorvormals Buchhändler, noch am Wahlabend sagte, dass es sie nicht gäbe? Aber was zählt schon das Geschwätz von gestern? Nun ja... Es war ein hartes Geschäft, bei dem nicht einfach nur verhandelt wurde, sondern "verhandelt, bis es quietscht", so die wahrscheinlich künftige SPD-Vorsitzende. Genau! Jene Madam, die mit einem hämischen "Bätschi" adressiert an die CDU verkündet, dass das (GroKo) teuer werde, was vergleichsweise harmlos klingt, nachdem es vorher noch "auf die Fresse" gab, als klar war, dass nun doch koaliert werden solle. Ach, Frau Nahles... wo kommen Sie nur her, dass Sie sich immer wieder derart unflätig äußern müssen?


Zu müßig, sich mit den verbalen Diarrhoen der vom Steuerzahler Alimentierten auseinanderzusetzen. Wir sollten darüber nachdenken, was das über uns selber sagt, die wir diese Volksbelustiger gewählt haben. Als Volksvertreter vertreten und repräsentieren den Willen des Volkes. Wollen wir wirklich, das es "quietscht" und "auf die Fresse gibt", wie Nahles ankündigt? Und was kommt als Nächstes? Wo bleibt der Aufschrei, so ein richtiger, nicht die lahmen, folgenfreien Kommentare? Oder sind wir auch dafür bereits zu saturiert und/oder resigniert? Wir werden sehen...